"Versorgungslage der Bürger entspannen" Münchens OB will Atom-Meiler weiterlaufen lassen
Eigentlich sollte das Atomkraftwerk Isar 2 ab Ende des Jahres Geschichte sein – angesichts der Energiekrise will der Münchner OB Reiter das ändern.
Der Oberbürgermeister von München, Dieter Reiter (SPD), plädiert für eine längere Laufzeit des Atomkraftwerks Isar 2. "Damit würde zumindest ein Beitrag geleistet, um auch im Fall einer weiteren Verschärfung der Situation die Versorgungslage der Münchner Bürgerinnen und Bürger zu entspannen", begründete Reiter den Schritt.
Der Aufsichtsrat der Stadtwerke habe ihn am Donnerstag aufgefordert, bei der Bundesregierung die gesetzlichen Voraussetzungen für einen sogenannten Streckbetrieb einzufordern, teilte Reiter mit. Damit könnte der Meiler mit den bestehenden Brennelementen noch bis längstens Mitte kommenden Jahres weiterlaufen – doch nicht alle Parteien stehen hinter dem Vorschlag.
Merz: "Die Dinger müssen weiter laufen" – Reiter hält dagegen
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte bei einer Klausurtagung im oberfränkischen Kloster Banz, ein Streckbetrieb würde keine Vergrößerung der gewonnenen Strommenge bedeuten – und sei damit nutzlos. CDU-Chef Friedrich Merz sagte im Kloster Banz, der Streckbetrieb mache nur dann Sinn, wenn die gewonnene Zeit dazu genutzt werde, über den Winter neue Brennelemente für eine verlängerte Laufzeit zu beschaffen: Frankreich gelinge es, Brennstäbe für mehr als 50 Kernkraftwerke zu besorgen.
Die Frage sei, ob Deutschland dies für drei Anlagen gelänge. "Technisch geht es, juristisch ist es möglich, politisch muss es gewollt werden", sagte Merz. "Ob mit oder ohne Streckbetrieb ehrlich gesagt ist mir wurscht. Die Dinger müssen weiter laufen."
Das sieht OB Reiter jedoch anders: Länger als bis höchstens Mitte 2023 soll Isar 2 nach seinem Willen nicht laufen. "Eine weitergehende Verlängerung unter Einsatz neuer Brennelemente kommt für mich nach wie vor aufgrund der völlig ungelösten Endlagerproblematik keinesfalls in Betracht", sagt er. Der Vorschlag der CSU, die Laufzeit der Kernkraftwerke generell zu verlängern und die AKW mit dem Kauf neuer Brennstäbe weiter zu betreiben, komme für ihn daher nicht Frage.
Ukraine-Invasion eröffnet Debatte um Atom-Ausstieg wieder
Das Atomkraftwerk Isar 2 sollte regulär Ende dieses Jahres seine Berechtigung zum Leistungsbetrieb verlieren und somit vom Netz genommen werden. Der Kraftwerksblock Isar 1 nahe Landshut war im Rahmen des beschlossenen Atom-Ausstiegs Deutschlands bereits abgeschaltet worden. Die Stadtwerke München sind mit 25 Prozent an Isar 2 beteiligt, den Rest hält die Betreiberin PreussenElektra.
Im Zuge des Überfalls Russlands auf die Ukraine und der damit einhergehenden Turbulenzen auf dem Gasmarkt wird allerdings derzeit auch bei anderen Kraftwerken über eine mögliche Verlängerung der Laufzeit diskutiert.
- Nachrichtenagentur dpa