Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kollaps der kritischen Infrastruktur? Behörden wappnen sich für den Omikron-Notfall
Die hochansteckende Corona-Variante Omikron könnte Tausende Polizisten in Quarantäne bringen. Was tun, wenn eine Polizei-Dienststelle ausfällt? Welche Vorbereitungen jetzt getroffen werden.
Die neue Coronavirus-Variante Omikron macht Bund und Ländern Sorgen, eilig werden in diesen Tagen Notfallpläne für die kritische Infrastruktur gefasst. Denn die Verantwortlichen in den Leitstellen und Ministerien treibt die Frage um: Was tun, wenn wegen der hochansteckenden Virusvariante Tausende Beamte bei Polizei und Feuerwehr ausfallen? Davor hatte zuletzt der Corona-Expertenrat der Bundesregierung gewarnt.
Im Gespräch mit t-online zeigte sich der Präsident der Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, am Dienstag ebenfalls besorgt: "Was uns durch Omikron blühen könnte, hat schon eine neue Dimension." Überfordert seien die Polizisten aber noch nicht. "Die Polizei ist sehr belastet, aber sie wird immer da sein, wo es notwendig ist."
Im "Tagesspiegel" schlug SPD-Innenexperte Sebastian Fiedler vor, dass die Polizei im Falle eines Notstands einige Aufgabenbereiche reduzieren könnte – etwa "die Aufnahme von Verkehrsunfällen mit Sachschäden". Fiedler hält demnach auch eine Unterstützung der Polizei durch Bundespolizei und Bundeswehr für möglich.
12-Stunden-Schichten als Notfallplan
Gibt es bereits einen Notfallplan für den Fall, dass in der Omikron-Welle Tausende Polizeibeamte in Quarantäne zu Hause bleiben müssen? Fragt man dazu im Bundesinnenministerium an, wird man an die Landesministerien verwiesen, die für Polizei und Feuerwehr zuständig sind: Bislang seien die Sicherheitskräfte in der Pandemie stets einsatzfähig gewesen. Mit einem "fortlaufend aktualisierten Covid-19-Maßnahmenkatalog" habe man den Ländern ausreichend Optionen gegeben.
In Nordrhein-Westfalen sieht man sich trotz drohender Omikron-Welle für die Pandemie gut gerüstet. Ein Grund: die hohe Impfquote unter den Beamten. 96 Prozent der Polizisten sind laut Polizei NRW geimpft. Zudem hat man in Düsseldorf für den Fall eines Notstands eine Reihe von Maßnahmen vorbereitet: Dazu zählt die mögliche Unterstützung durch die Bereitschaftspolizei oder auch die Einführung von 12-Stunden-Schichten.
München: Impfquote bei der Polizei ist hoch
Auch das bayerische Innenministerium konnte laut eigener Aussage Personalausfälle wegen Corona bislang gut kompensieren. In München hat man, wo es möglich ist, feste Kohorten gebildet, die stets zusammen im Dienst sind, um ein Übergreifen des Virus auf weitere Kollegen zu vermeiden.
Derzeit seien rund 93 Prozent der Polizisten in Bayern geimpft, am vergangenen Dienstag lag der Anteil der mit dem Coronavirus infizierten oder sich in Quarantäne befindlichen Polizeibeamten dem Ministerium zufolge bei rund einem Prozent. Ähnlich hoch ist die Anzahl im benachbarten Baden-Württemberg, heißt es vom Innenministerium in Stuttgart.
In Sachsen ist die Belastung für die Dienstpläne der dortigen Polizei schon höher: Hier fallen laut einem Sprecher des Innenministeriums in Dresden derzeit 530 Polizeibeamte aus – immerhin etwas mehr als drei Prozent der in Sachsen beschäftigten. In dem Bundesland sind zudem mehrere Hundert Polizeibeamte tätig, die immer noch unter den Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung leiden.
Hessen überarbeitet Notfallpläne
Die hessische Landesregierung überarbeitet ihre Notfallpläne mit Blick auf drohende Engpässe in der Infrastruktur. Wenn viele Menschen erkrankt oder infiziert seien, dann werde es sehr schwer, die Struktur des Landes aufrechtzuerhalten, sagte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Mittwoch in Wiesbaden. Das gelte etwa für die Polizei, Krankenhäuser und die Feuerwehr.
Alle Ressorts würden nun über die Feiertage ihre Notfallpläne noch einmal überarbeiten, so der Regierungschef. Am kommenden Montag sei die nächste Kabinettssitzung geplant, um weiter zu beraten. An dem Tag stehe auch eine Besprechung mit den kommunalen Spitzenverbänden auf der Agenda. "Ich habe den Eindruck, dass da schon sehr ordentlich vorgearbeitet ist."
Bei den Besprechungen solle es auch um die Frage neuer Quarantäneregeln gehen, also ob jemand, der infiziert, aber nicht arbeitsunfähig erkrankt ist, trotzdem zur Arbeit kommen kann. Hier warte das Land auf Empfehlungen des Robert Koch-Instituts und Vorschläge des Bundes, erläuterte Bouffier.
- Tagesspiegel: Notstand bei der Polizei durch Omikron
- Anfrage an das Bundesinnenministerium
- Anfrage an die Innenministerien von NRW, Niedersachsen, Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg
- Anfrage an Polizeibehörden