EM-Spiele und Corona-Lockerungen Markus Söder, was ist da schiefgelaufen?
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Eine Woche vor Beginn der Fußball-EM ringt sich Markus Söder zu einer Zusage für tausende Zuschauer in München durch. Und nebenbei zu weiteren Corona-Lockerungen. Die Stadt wirkt brüskiert, die Bürger irritiert. Das hat Söder nicht gut gelöst.
Markus Söder hat gesprochen. Auf den letzten Drücker. Eine Woche vor Beginn der Fußball-EM (11. Juni bis 11. Juli), samt vier Spielen in München. Rund 14.000 Fans sollen in die Arena dürfen – 20 Prozent der Stadionkapazität.
Aber: Dürfen die Spiele in den vielen Biergärten Bayerns gezeigt werden? Fällt die Sperrstunde? Wann dürfen auch Normalbürger wieder Mannschaftssport betreiben? Noch viel wichtiger: Wie geht es an Schulen und Universitäten weiter?
All diese und andere drängende Fragen waren im Freistaat, Stand Freitagvormittag, ungeklärt. Das Rätselraten der Bürger, Familien und Gastronomen nach dem Warum, war in der bayerischen Landeshauptstadt umso größer. Doch Ministerpräsident Söder (CSU) fiel zuletzt nur durch Urlaubsfotos aus den Berchtesgadener Alpen auf denn durch eine klare Perspektive in der Corona-Krise.
Söder entscheidet auf den letzten Drücker
Nun aber galt es zu klären, wie viele Zuschauer zu den Spielen der Europameisterschaft in die riesige Arena (internationale Kapazität: 70.000 Fans) im Norden Münchens dürfen. So ganz nebenbei endet die Corona-Verordnung im Freistaat an diesem Sonntag. Söder aber wählte einmal mehr den Weg der Inszenierung. Die Eltern? Wussten nicht, ob und wie lange sie ihre Kinder am Montag zur Schule schicken. Die Gastronomen? Wussten nicht, ob und für welche Schichten sie ihre studentischen Servicekräfte einplanen dürfen, die umgekehrt auf jeden Euro angewiesen sind.
Die öffentliche Verwunderung von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) mangels eindeutiger Absprachen, die öffentliche Kritik der bayerischen Polizei mangels klarer Planung, die omnipräsente Irritation der Bürger wegen der Priorisierung der Fußball-EM – souveränes Regieren geht anders.
Corona-Krise: Söder ließ zuletzt planbare Perspektive vermissen
Der selbstbewusste Regierungschef hätte zum Beispiel dem europäischen Fußballverband Uefa für die EM-Spiele einfach absagen können. Sein Stellvertreter, Hubert Aiwanger (Freie Wähler), agierte klarer und früher.
Der Wirtschaftsminister forderte 15.000 Zuschauer und erklärte t-online: "Es ist genauso vertretbar, dass die Sperrstunde in München aufgehoben wird und die Innengastronomie wieder öffnet. Das Wegsperren und Schließen hat nun lange genug gedauert. Es muss Öffnungen geben. Die Menschen sollen wieder das Leben genießen und die Wirtschaft wieder eigenes Geld verdienen dürfen – statt Staatshilfen zu beantragen."
Das nennt man eine klare Linie. Söder hat mit seiner Staatsregierung jetzt eben jene Lockerungen für Bayern und die Millionenstadt München beschlossen. Aber: Der Zeitpunkt war maximal unglücklich. In diesem Fall muss sich selbst ein Markus Söder die Frage gefallen lassen: Was ist da nur schiefgelaufen?