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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Dreiste Masche Bande aus Italien klaut Luxusuhren im Wert von einer halben Million Euro

Vier Italiener haben europaweit Armbanduhren im Wert von Hunderttausenden Euro geraubt. Nun stehen sie in München vor Gericht und legen Geständnisse ab.
Holger Kreisel (Name von der Redaktion geändert) ist an diesem sonnigen Julitag mit seinem Cabrio auf der Klenzestraße in München unterwegs, als er eine Parklücke erspäht. An seinem linken Handgelenk trägt er eine Uhr der Marke Patek Philippe, Modell "Aquanaut Travel Time“. Der Wert: 65.000 Euro.
Gerade als Holger Kreisel einparkt, tritt Antonio M. von hinten an das Cabrio heran, greift ans Handgelenk des überrumpelten Fahrers und reißt die Uhr an sich. Im nächsten Moment steigt der 38-Jährige zu einem Kollegen auf einen wartenden Motorroller. Und weg sind die zwei – mit der Armbanduhr im Wert einer Oberklasse-Limousine.
Drei bis 15 Jahre Haft für Räuberbande aus Italien möglich
Knapp ein Jahr später wird Antonio M. in Handschellen in den Sitzungssaal B 273 des Münchner Strafjustizzentrums geführt, zusammen mit drei anderen Männern. Der Staatsanwaltschaft München I zufolge hat sich das Quartett mit weiteren Personen zu einer Bande zusammengetan, um stets nach dem gleichen Muster hochwertige Armbanduhren zu rauben – in ganz Europa, unter anderem auch in München. Der Vorwurf vor dem Landgericht München I lautet schwerer Raub, worauf eine Gefängnisstrafe zwischen drei und 15 Jahren steht. Was den Fall zu etwas Besonderem macht, ist der Wert der Beute: Auf mehr als eine halbe Million Euro schätzt die Staatsanwaltschaft den Wert der sechs Uhren, die die Bande geraubt hat.
Die Männer im Alter von 33 bis 41 Jahren erscheinen in legerer Kleidung im Gerichtssaal, größtenteils in Kapuzenpulli und Jogginghose. Sie alle stammen aus Italien, weshalb zwei Dolmetscherinnen simultan übersetzen. Die Verlesung der Anklageschrift verfolgt das Quartett weitgehend regungslos, fast gelangweilt. Dabei schildert die Staatsanwältin in durchaus drastischen Worten, wie rabiat die Räuberbande bei ihren Taten vorging.
Täter schrecken nicht vor körperlicher Gewalt zurück
So schreckten die Männer, die im vergangenen Sommer festgenommen wurden und inzwischen in unterschiedlichen Gefängnissen in Untersuchungshaft sitzen, auch vor körperlicher Gewalt nicht zurück. Bei einer Tat in der Münchner Möhlstraße griffen Antonio M. und sein Kompagnon Gennaro A. einen Mann an, der auf einem E-Scooter fuhr und eine Patek-Philippe-Uhr im Wert von 70.000 Euro trug. Da das Duo die Beute nicht sofort vom Handgelenk reißen konnte, kam es zu einem Gerangel mit dem vom E-Scooter gestürzten Opfer. Dabei würgte einer der Täter den Mann und schlug auf seinen Kopf ein.
Bei einer weiteren Tat in Düsseldorf nahm die Räuberbande, die ihre Opfer zuvor stets ausgespäht hatte, sogar eine Uhr im Wert von 218.000 Euro ins Visier. Dessen Besitzer reagierte bei dem Angriff jedoch geistesgegenwärtig und warf die Uhr in einen Gulli, sodass sie außer Reichweite für die Täter war. Auch hier gingen zwei der Männer das Opfer körperlich an und fügten ihm leichte Verletzungen zu.
Fotos überführen die Täter
Im Juli 2024 wurden die vier Männer schließlich auf frischer Tat ertappt – bei einem Raub in München. Die Aktenlage deute darauf hin, dass alle Angeklagten für mehrere Straftaten verurteilt werden, sagt der Vorsitzende Richter Markus Koppenleitner. Schließlich gebe es etwa aus Düsseldorf gestochen scharfe Fotos und Videos der Täter, "mit denen können Sie sich um ein Passbild bewerben". Mit Blick auf mögliche Haftstrafen, die im zweistelligen Jahres-Bereich liegen könnten, empfiehlt der Richter den Männern ein umfassendes Geständnis, um sich dadurch "Vorteile zu verschaffen".
Dieser Appell bleibt nicht ohne Wirkung. Nach einer Sitzungspause legen drei Angeklagte ein Geständnis für vier Taten ab; derweil räumt der vierte Mann zwei der Taten ein. "Unser Mandant bereut die Taten sehr", betont der Verteidiger von Antonio M. Und einer seiner Kompagnons wendet sich direkt an den Vorsitzenden Richter und sagt: "Wir haben einen Fehler gemacht, und es ist richtig, dass wir dafür bezahlen. Ich hoffe sehr, dass Sie Milde zeigen."
Die Geständnisse könnten den Prozess abkürzen. Ursprünglich hatte das Gericht sieben Verhandlungstermine angesetzt. Ein Urteil könnte demnach Ende Mai fallen.
- Reporter vor Ort