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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bekanntschaften in München machen "Isar Tinder": Die analoge App für Dates oder Freundschaften

Viele Menschen fühlen sich in der Stadt einsam, egal, ob sie neu sind oder schon immer hier wohnen. In München soll ein analoges Dating-Buch beim Kennenlernen helfen.
Bei Sonnenschein und Frühlingstemperaturen sind an der Isar viele Menschen unterwegs. Ziemlich genau zwischen der Wittelsbacherbrücke und der Reichenbachbrücke bleiben immer wieder Spaziergänger an einem Baum in der Nähe des Flusses stehen. Manche gucken nur und fragen sich, was es mit den Büchern in dem durchsichtigen Umschlag auf sich hat. Bei anderen siegt die Neugier und sie öffnen die wasserdichte Verpackung, die an dem Baum angebracht ist. Hier bekommt man vielleicht das erhoffte Date.
Die beiden Notizbücher befinden sich gut verpackt, vor Wind und Wetter geschützt, in einer Plastikfolie, die man ganz einfach mit einem Klettverschluss öffnen und wieder schließen kann. Die Initiatorin hat dazugeschrieben: "Bitte nach Benutzung wieder schließen, wegen Regen und Schnee. Danke." Die Folie ist an einer Art Maschendrahtzaun befestigt, der um den Baum herumgewickelt ist.
Zwei Frauen blättern neugierig und skeptisch zugleich im "Isar Tinder"-Buch. Es ist ein Mix aus Verwunderung, Begeisterung und Skepsis. Verwundert sind sie über die Inhalte in den beiden Notizheften. Begeistert sind sie von der Idee, und skeptisch sind sie gegenüber den Erfolgschancen dieses Konzepts.
Münchnerinnen finden analoge Dating-App eine gute Idee
Beide haben jeweils ein Heft in der Hand und blättern mit einem Schmunzeln durch die abgegriffenen Seiten. "Da hat jemand seine Visitenkarte reingeklebt – typisch München", sagt eine der beiden jungen Frauen und lacht. Wieder andere haben ihre Handynummer oder ihr Instagram-Profil notiert. "Ich könnte mir vorstellen, dass viele mittlerweile von Dating-Apps genervt sind – besonders, wenn man dort keinen Erfolg hat", sagt eine der Münchnerinnen. Deshalb findet sie eine analoge Version zum Online-Dating eine gute Idee.
Inzwischen hat sich noch ein junger Mann zu den beiden Frauen gesellt. "Ich finde es eine coole Idee", sagt der Münchner. Er selbst würde zwar nicht seine Daten in das Notizheft schreiben, "aber vielleicht speichere ich mir eine Nummer oder einen Namen, wenn mich ein Text anspricht".
Kein Platz für Rassismus, Sexismus, Hass oder Homophobie
Die Initiatorin Anna wendet sich auf den ersten beiden Seiten der Bücher an die Nutzer. Dort betont sie, dass das "Isar Tinder" eine Plattform für all diejenigen sei, die jemanden kennenlernen wollen, ohne auf eine Onlineplattform gehen zu müssen – ganz egal, ob für Dates, Freundschaften oder Spaziergänge mit dem Hund. Dabei betont sie, dass dort kein Platz für Rassismus, Sexismus, Hass oder Homophobie sei.
"Ich frage mich, ob die Leute wirklich ernsthaftes Interesse haben", drückt eine der Frauen ihre Zweifel an dem Konzept dahinter aus, nachdem sie eine Nachricht gelesen hat, in der jemand auf der Suche nach einem Treffen für Sex mit Datum und Uhrzeit ist. "Na ja, ist halt Tinder – nur nicht online und an der Isar", sagt ihre Begleiterin. Trotzdem finden die beiden, dass es "eine süße Aktion" ist. Sie selbst verzichten auf einen Eintrag, sind sich aber einig: "Es wäre toll, wenn sich wirklich Leute so kennenlernen würden."
- Reporterin vor Ort