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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Protestcamp im Luitpoldpark IAA-Gegner schlagen Hunderte Zelte in München auf
Immer mehr Aktivisten aus verschiedenen Ländern verwandeln den Luitpoldpark in München zu einem großen Zeltdorf. Von dort aus organisieren verschiedene Gruppierungen Protestaktionen gegen die IAA.
Rund 900 Aktivisten haben im Luitpoldpark im Münchner Stadtteil Schwabing bereits ihre Zelte aufgeschlagen, um von dort aus Proteste gegen die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) zu planen und auszuführen. Der Ansturm sei enorm, wie aus einer schriftlichen Mitteilung der Organisatoren hervorgeht. Weitere 600 Aktivisten werden bis zum Samstag erwartet.
Seit dem Start der IAA am Dienstag leben die Demonstranten im Zeltdorf. Die Größe des Camps gleicht inzwischen einem "Festivalgelände", wie es ein Reporter von t-online beschreibt. Verschiedene Bündnisse, die teilweise gegen die Globalisierung und für eine Verkehrswende eintreten, haben sich zusammengeschlossen – darunter "Sand im Getriebe", "Attac Deutschland" und "Smash IAA".
"Dreckige Geschäfte": Aktivisten kritisieren Automobilindustrie
Die Stimmung im Dorf sei laut dem Reporter momentan entspannt. Der Großteil der Aktivisten befand sich am Morgen noch in den Zelten. Einige machten bei den sommerlichen Temperaturen in der bayerischen Landeshauptstadt Yoga, andere wurden womöglich von einer Fahrradfahrerin aufgeweckt. "Aufstehen, die Sonne scheint", rief sie im Vorbeifahren.
Worum es den Aktivisten bei ihrem Protest geht? Darum "wie dreckig die Geschäfte der Automobilindustrie sind", sagt Rene Riesig, ein Sprecher der Organisatoren. Diese führen, so Riesig weiter, zu einer weltweiten "neokolonialen Ausbeutung von Menschen und zur Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen".
Das Ziel sei es, die "Greenwashing-Show" der IAA zu entlarven und klarzumachen, was in "Wahrheit hinter dem grünen Versprechen der Elektroautos" stehe. Gerade, weil in Bayern auch die Landtagswahlen anstehen, sei es wichtig, auf den Klimawandel aufmerksam zu machen, wie eine andere Aktivistin im Interview mit t-online betont.
Gruppierungen aus verschiedenen Ländern reisen nach München
Riesigs Mitstreiter kommen aus ganz Deutschland, einzelne Aktivisten sind sogar von anderen Kontinenten angereist, unter anderem aus Mexiko. Sie fordern eine drastische Reduktion der CO2-Emissionen, den Ausbau von Fahrradwegen und des ÖPNV sowie mehr Carsharing-Angebote.
Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, organisieren die Aktivisten Protestaktionen. Nebenbei veranstalten sie im Camp auch Workshops und Diskussionen rund um die Mobilitätswende. "Morgens kommen die meisten aus ihrem Zelt gekrabbelt, dann gibt es erst mal das Morgenplenum über die anstehenden Aufgaben", erklärt Riesig. Zwei bis dreimal am Tag würden sie dann vor Ort verköstigt werden – mit veganen Speisen.
Polizisten sollen "Teilnehmer schikaniert" haben
Doch nicht immer ist die Lage so entspannt wie im Moment. Immer wieder kommt es, Angaben der Demonstranten zufolge, zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Ordnungshüter haben verschiedene Beobachtungsposten rund um das Dorf aufgebaut. Auch der Reporter von t-online wurde Zeuge von "massiven Kontrollen" an der Örtlichkeit.
"Wir verurteilen die Kriminalisierung des Protests auf das Schärfste", sagte eine Sprecherin vor Ort. Sie fordert die Polizei auf, die Kontrollen einzustellen. Am Donnerstagnachmittag berichteten die Demonstranten von Durchsuchungen und Beschlagnahmungen. "Die Polizei schikaniert durchgehend unser Bildungscamp. Das muss aufhören!", schrieben sie auf der Plattform X (vormals Twitter).
Riesig zufolge könnten die Aktivisten das Protestcamp nicht verlassen, ohne dabei von der Polizei kontrolliert zu werden. Die Polizei weist die Vorwürfe der Demonstranten auf t-online Anfrage hin zurück. Ein Sprecher sagte, dass es keine Durchsuchungen und Kontrollen direkt im Camp gegeben habe. Im Umfeld des Camps seien aber Beamte unterwegs, die die Aktivisten gezielt kontrollieren, so der Sprecher weiter.
Weitere Störaktionen rund um die IAA geplant
Eine nicht angezeigte Versammlung unterbrachen die Polizisten am Donnerstag allerdings nicht. Rund 20 Personen verließen das Camp Polizeiangaben zufolge mit einem Holzgestell, einem Banner und Trommeln. Anschließend bewegten sie sich zum Karolinenplatz und wieder zurück. Dabei wurden sie von der Polizei begleitet.
Zum Start des Wochenendes planen die Aktivisten weitere Aktionen in und um München. Die genauen Aktionspunkte sind aber bisher unbekannt. Bereits am Dienstag verbrannten sie vor der Messe München ein großes 1,5-Grad-Symbol. Dabei trugen sie unter anderem Masken mit dem Konterfei von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sowie den Logos großer deutscher Autobauer. Zwei Tage später tauschten die Aktivisten Werbekampagnen an Haltestellen des ÖPNV aus und platzierten dort dystopische Motive.
- Reporter vor Ort
- Pressemitteilung der Aktivisten vom 29. August 2023
- Pressemitteilung der Aktivisten vom 8. September 2023
- Gespräch mit Polizei München
- Frühinformation der Polizei München vom 8. September 2023
- twitter.com: Mobilitätswende Camp München
- Eigene Recherchen