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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Verkehr in München Klage gegen Dieselfahrverbot – "unverhältnismäßig, unsozial"
Die Kläger gegen das ab 1. Februar in München geltende Dieselfahrverbot geben sich zuversichtlich: Rechtsanwalt Martens konnte bereits Fahrverbote kippen.
"Unverhältnismäßig, unsozial, kontraproduktiv". Das sind Worte, die fallen, wenn Michael Haberland über das am 1. Februar in Kraft tretende Dieselfahrverbot spricht. Haberland ist Gründer und Präsident des Autoclubs "Mobil in Deutschland", er ist also Autofahrer-Lobbyist. Naheliegend, dass er sich für die Belange der mehr als 70.000 Euro-4-Diesel-Besitzer in München einsetzt: Der Verein wird nämlich – zusammen mit dem CSU-Landtagsabgeordneten Robert Brannekämper (CSU) – Klage gegen die drohenden Fahrverbote einreichen.
Denn ab 1. Februar dürfen keine Euro-4-Diesel mehr in der Innenstadt oder dem Mittleren Ring fahren. Und ab dem 1. Oktober auch keine Euro-5-Diesel mehr. Zunächst gibt es noch Ausnahmegenehmigungen, die teilweise gegen eine Gebühr für 50 Euro beantragt werden können, etwa für Anwohner oder Handwerker. Die könnten aber im kommenden Jahr fallen, je nachdem wie sich die Luft-Messwerte entwickeln.
Den Rechtsweg für die Kläger bestreitet dabei der Rechtsanwalt Claus-Peter Martens, der bereits im vergangenen Jahr Fahrverbote in Berlin per Gerichtsurteil kippen konnte. Auf einer Pressekonferenz am Dienstagvormittag gab sich Martens zuversichtlich: "Nach der Rechtsprechung sind Dieselfahrverbote an Strecken erforderlich, an denen der Grenzwert ohne ein solches Verbot selbst unter optimistischsten Annahmen nicht eingehalten werden könnte. Davon kann in München angesichts der positiven Entwicklung der Stickoxid-Messwerte keine Rede sein."
Seit Jahren sinken die Grenzwerte für Stickoxide in München, an wenigen Stationen bleiben sie allerdings über dem gesetzlichen Jahresmittelgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter.
Unter den Klägern gegen das Dieselfahrverbot befindet sich eine alleinerziehende Mutter
Der Autoclub, der Landtagsabgeordnete Brannekämper und Rechtsanwalt Martens wollen zunächst fünf bis acht Fälle als Einzelklagen vor dem Verwaltungsgericht München einreichen. Laut Haberland befindet sich unter den Klägern eine dreifache, alleinerziehende Mutter, die ohne ihren Euro-4-Diesel die Fahrten mit den Kindern nicht finanzieren kann. Auch ein 80-Jähriger, der mehrmals die Woche aus Hadern zur Krankengymnastik an den Kieselbachplatz muss, befindet sich unter den Klägern. Ohne Auto komme er dort nicht hin, erklärt Rechtsanwalt Martens. Er sagt, "manche Menschen sind ohne ihr Auto an das Haus gefesselt."
Wie emotional das Thema für viele Menschen ist, hat auch eine Informationsveranstaltung der Kläger gezeigt. Autoclub-Präsident Haberland erklärt, Montagabend seien mehr als 320 Menschen zu Gast in der Hanns-Seidel-Stiftung gewesen und hätten ihre Ängste und auch ihren Ärger artikuliert. Mehrere Dutzend Menschen hätten sich interessiert gezeigt, Klage gegen das Dieselfahrverbot einzureichen.
Das Verbot war notwendig geworden, weil die Deutsche Umwelthilfe (DUH) geklagt und mehrfach Recht bekommen hatte. Zunächst war der Freistaat dafür zuständig, mit dem sogenannten Luftreinhalteplan die Grenzwerte in München einzuhalten. Mitte 2021 aber wälzte die Staatsregierung die Verantwortung auf die Stadt ab. Die Rathausspitze erarbeitete daraufhin den Kompromiss mit der DUH. Nun müssen wieder Gerichte entscheiden.
- Besuch der Pressekonferenz von "Mobil in Deutschland" und Robert Brannekämper
- stadt.muenchen.de: "Immissionsmessungen in München"
- br.de: "Dieselfahrverbot in Münchens Innenstadt: Was ab 1. Februar gilt"