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Wolfsland Bayern: Konflikte zwischen Mensch und Raubtier


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Raubtier und Mensch
Bayern wird zunehmend zum Wolfsland

Von Klaus Wiendl

25.01.2023Lesedauer: 4 Min.
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Ein Wolfsrudel im Wald (Symbolbild): Auch in Bayern werden die Tiere zunehmend heimisch. (Quelle: Ronald Wittek/Imago)

Wölfe werden in Deutschland vermehrt heimisch. Und finden hierzulande immer mehr Gegner. Auch in Bayern werden Abschüsse gefordert.

Sie suchen nicht mehr die Einsamkeit. Wölfe kommen München immer näher. Keine 20 Kilometer von der Stadtgrenze entfernt hatte eine Spaziergängerin kurz nach Weihnachten im Ebersberger Forst ein Erlebnis der unheimlichen Art. Ganz ruhig sei das Tier in einigem Abstand vor ihr gestanden, eindeutig ein Wolf und kein wolfsähnlicher Hund, davon sei sie überzeugt.

Ebenso ihr Mann, der ihr schon am 23. Dezember berichtet hatte, im Forst einem Wolf begegnet zu sein. Sie hatte ihm zunächst nicht geglaubt, erzählte die Frau aus Zorneding der "Süddeutschen Zeitung". Nun aber sei sie überzeugt, dass es auch in diesem Landstrich Wölfe gebe.

Die Eheleute sind nicht die einzigen, die Wölfe gesehen haben wollen. Drei Meldungen von Wolfssichtungen sind inzwischen bei der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Ebersberg eingegangen. Regelmäßig wird in Bayern überprüft und überwacht, wie viele Wölfe inzwischen heimisch sind.

In Oberbayern leben Wölfe als Einzelgänger

Im sogenannten Monitoringjahr 2021/22 wurden nach Angaben des Landesamtes für Umwelt (LfU) drei Rudel gezählt. Tendenz steigend. Im Veldensteiner Forst, an der Grenze zwischen Oberfranken und der Oberpfalz, leben acht Tiere. Sechs Wölfe gibt es im Manteler Forst im oberpfälzischen Landkreis Neustadt an der Waldnaab. Ebenfalls sechs Wölfe gehören einem Rudel im Bayerischen Wald an der Grenze zu Tschechien an.

In Oberbayern sind dagegen durchziehende Einzelgänger unterwegs. Vor allem entlang der Alpenkette kommt es immer wieder zu Vorfällen. Von vermehrt gerissenen Schafen berichten die Almbauern. Die Eskalationsstufe war Anfang November im oberbayerischen Böbing erreicht, als ein Wolf bei Tageslicht 20 Meter vom Wohnhaus eines Schafhalters entfernt ein Schaf riss.

Die Angst vor Wölfen treibt vor allem die Almbauern um. Sie sind in Aufruhr, nachdem fast 20 Schafe im Landkreis Garmisch-Partenkirchen auf das Konto eines Wolfes gehen, der seine Beute zerfetzte oder schwer verletzte. "Dem einen Schaf wurde ein Haxen abgerissen, ein anderes angebissen", beklagt Hans Hibler von der Weidegenossenschaft Garmisch im Gespräch mit t-online. Er dokumentierte das Geschehen auch mit der Kamera. "Möglicherweise ist es der Wolf, der im benachbarten Ehrwald Mitte Juli insgesamt 15 Schafe getötet hat".

Bayern will den Schutzstatus des Wolfes lockern

Angesichts solcher Horrorgeschichten will Bayern nun den Schutzstatus des Wolfes lockern. Künftig soll es angesichts der wachsenden Wolfspopulation möglich sein, einzelne Tiere im Freistaat gezielt abzuschießen, um Alm- und Bergbauern zu schützen.

Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber will bei der EU erreichen, dass der Wolf in der FFH-Richtlinie Natura 2000 der EU nicht mehr als strikt geschützte Tierart aufgelistet wird. Sondern als Art geführt werde, bei der eine "kontrollierte Entnahme" möglich sei. Bisher sei dies nur in Ausnahmefällen möglich.

Wie vor einem Jahr, als die Regierung von Oberbayern einen Wolf zum Abschuss freigab, weil dieser in Siedlungsnähe Schafe, Ziegen und Wildtiere gerissen hatte. Umweltverbände kritisierten die Maßnahme damals scharf. Das Tier mit dem genetischen Code GW2425m wurde dem LfU zufolge dann jedoch nicht erschossen, vielmehr wurde es in Tschechien überfahren – und zwar genau an dem Tag, an dem die Abschuss-Freigabe erfolgt war. Am 24. November 2022 forderten EU-Parlamentarier die Kommission auf, den Schutzstatus des Wolfs abzusenken, um einen effektiven Schutz von Weidetieren zu gewährleisten.

Experten raten von Herdenschutzzäunen ab

Denn "auch Schafe unterliegen dem Tierschutz und haben einen Wert", moniert die Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes, die Garmischerin Tessy Lödermann, einst Mitglied der Grünen im Landtag, im Gespräch mit t-online. Zwar gehöre der Wolf zur Biodiversität, "aber er ist nur ein Teil. Wir sollten den Wolf nicht über alles stellen". Man brauche eine vernünftige und umsetzbare Lösung, die "dem Tierschutz und der Almwirtschaft gerecht wird".

Herdenschutzzäune wie in Brandenburg könnten es auf den Almen jedenfalls nicht sein, so Lödermann. Dies sei eine schier unlösbare Aufgabe angesichts von allein 2.000 Hektar Almweiden etwa im Wettersteingebirge rund um die Zugspitze. Zudem ist das Gelände dort sehr steil, der Boden felsig, es gibt Gräben und Mulden – einen wolfsabweisenden Zaun zu bauen, sei nahezu unmöglich.

122.000 Kilometer lang müssten in Bayern die Herdenschutzzäune sein, wollte man die Tiere auf den Almen und Weidegebieten schützen, so die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Freising.

Schutzjagden auf den Wolf werden gefordert

Selbst im flachen Brandenburg mit der höchsten Wolfspopulation gelingt dies nicht. "Denn Zäune nützen nichts, sie werden von Wölfen leicht überwunden und Herdenschutzhunde ausgetrickst", erklärte Jens Schreinicke, der Wolfsbeauftragte vom Landesbauernverband Brandenburg im Deutschlandfunk. In dem Bundesland wurden inzwischen 3.000 Schafe von Wölfen gerissen.

Aber auch vor eingezäunten Ponys, Pferden oder jungen Kälbern macht der Beutegreifer nicht halt. Wenn man sich nicht zu diesen Schutzjagden durchringen könne, "werden wir dieses Problem auf Dauer nicht beherrschen können", sagte Schreinicke.

Wie drängend das Problem ist, belegt das jüngste Monitoring des Bundesamts für Naturschutz (BfN) nach der Auswertung von mehr als 30.000 Hinweisen. Knapp 3.500 Weidetiere wurden zwischen Mai 2021 und Mai 2022 bundesweit vom Wolf gerissen, so das amtliche Monitoring. Kein Wunder, denn es soll bereits 161 Rudel, 43 Wolfspaare und 22 Einzeltiere in Deutschland geben. Tendenz steigend.

Verwendete Quellen
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