München Nebenkläger-Anwalt rügt Verzögerung im Wedel-Verfahren
Der Anwalt der Schauspielerin Jany Tempel rügt die Verzögerung im Verfahren gegen Regisseur Dieter Wedel. "Seit Anklageerhebung sind nunmehr über 14 Monate vergangen", schreibt Rechtsanwalt Alexander Stevens in einer Verzögerungsrüge an das Landgericht München I, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. "Im Hinblick auf die überlange Verfahrensdauer ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Anklage der Staatsanwaltschaft um einen Fall von Schwerstkriminalität handelt, der meine Mandantin ganz erheblich belastet."
Die Staatsanwaltschaft hatte Wedel schon im März vergangenen Jahres wegen eines Vorwurfs aus dem Sommer 1996 angeklagt. Die Schauspielerin Jany Tempel gibt an, Wedel ("Der große Bellheim", "Der Schattenmann") habe sie damals in einem Münchner Hotel vergewaltigt. Damals, im Alter von 27 Jahren, habe sie für eine Rolle vorsprechen wollen. Die 20-seitige Anklage wegen Vergewaltigung führt nach Angaben der Staatsanwaltschaft mehr als 20 Zeugen, eine Gutachterin und Kalendereinträge als Beweismittel an.
Wedel bestreitet die Vorwürfe. Seine Anwälte sprachen von Vorverurteilung und betonten die Wahrscheinlichkeit, dass die Anklage gar nicht zugelassen werden könnte - obwohl das in der deutschen Justiz nur sehr selten vorkommt.
"Die tatsächliche Frage, ob die Aussage meiner Mandantin glaubhaft ist, ist eine Frage, die in der Hauptverhandlung zu klären ist, sodass auch insoweit kein Grund vorliegt, der es rechtfertigen würde, das Zwischenverfahren weiter in die Länge zu ziehen", schreibt Stevens in seiner Rüge.
Tempel, die in dem Verfahren als Nebenklägerin auftritt, leide "sehr unter der langen Verfahrensdauer", schreibt Stevens. Ihr seien "zahlreiche materielle und immaterielle Schäden entstanden". Er beantragte, "das Hauptverfahren zu eröffnen und zeitnah Termine zur Hauptverhandlung zu bestimmen".
Die zuständige Kammer sei noch mit der Prüfung der Zulassung beschäftigt, sagte ein Sprecher des Landgerichts München I. In Haftsachen gilt ein Beschleunigungsgebot, das besagt, dass die Justiz alles tun muss, um das Hauptverfahren so schnell wie möglich zu beginnen. Wedel sitzt nicht in Untersuchungshaft.
Die Vorwürfe gegen ihn waren Anfang 2018 bekannt geworden. Damals beschuldigten drei Schauspielerinnen Wedel im "Zeit-Magazin", sie in den 90er Jahren sexuell bedrängt zu haben. Der Fall wurde der bekannteste in der deutschen #MeToo-Debatte, die 2017 ins Rollen gekommen war. Unter dem Hashtag #MeToo posteten vor allem Frauen in sozialen Netzwerken millionenfach ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen.
Wedel, der mit TV-Mehrteilern wie "Der König von St. Pauli" zu den bekanntesten deutschen Regisseuren zählt, hat den Vorwürfen per eidesstattlicher Erklärung widersprochen. Ende August 2018 sagte er der "Bild"-Zeitung: "Inzwischen bin ich froh, dass es diese Ermittlungen gibt. Ich vertraue auf die Staatsanwaltschaft." Für Wedel gilt bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem Strafverfahren die Unschuldsvermutung.