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München

Interview: So plant München das Oktoberfest 2022


Wiesn-Chef
"Soll sich jeder leisten können" – So plant München das Oktoberfest

InterviewVon Patrick Mayer

Aktualisiert am 12.05.2022Lesedauer: 4 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Clemens Baumgärtner (Archivbild). Der Wirtschaftsreferent ist auch für die Organisation des Oktoberfests zuständig.Vergrößern des Bildes
Clemens Baumgärtner (Archivbild). Der Wirtschaftsreferent ist auch für die Organisation des Oktoberfests zuständig. (Quelle: STL/imago-images-bilder)

Nach drei Jahren Corona-Pause veranstaltet München wieder das Oktoberfest. Im Interview erklärt Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner alle Pläne – und nennt gigantische Zahlen.

Sie gilt als das größte Volksfest der Welt: die Münchner Wiesn. Drei Jahre musste das Oktoberfest wegen Corona pausieren, das gab es in der bayerischen Landeshauptstadt zuletzt während des Zweiten Weltkriegs.

Zwischen dem 17. September und dem 3. Oktober 2022 ist es nun wieder so weit: In München heißt es dann: "O'zapft is!" Anfang der Woche fixierte der Stadtrat konkrete Pläne. Im Interview mit t-online erklärt Wiesn-Chef und Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner, was das heißt. Ein Gespräch über Sehnsüchte in der Isarmetropole, hohe Bierpreise und Millionen Besucher in vollgepackten Festzelten.

t-online: Herr Baumgärtner, auf der Wiesn kann 2022 nach zwei Jahren Corona-Pause wieder gefeiert werden. Wie erleichtert sind Sie?

Clemens Baumgärtner: Erleichterung und Vorfreude sind gigantisch. Ich glaube, dass die Wiesn 2022 noch viel besser wird als 2019. Das Frühlingsfest hatte bereits 520.000 Besucher. Das hat gezeigt: Volksfeste funktionieren und sind keine Pandemie-Treiber. Die Infektionszahlen in München sinken nach wie vor. Es war, als sei durch das Frühlingsfest ein Schalter für die Lebensfreude umgelegt worden, dass die Leute sich wieder amüsieren können.

Und es war ein guter Testlauf für das Oktoberfest?

Ich möchte hier keine Vergleiche anstellen. Die Wiesn ist kein klassisches Volksfest, sie hat eine ganz eigene Seele. Es ist ein Fest für die Münchnerinnen und Münchner. Die Stadt ist erst am Dienstag meinen Vorschlägen für das Oktoberfest gefolgt.

Welchen Vorschlägen?

Was die Umsetzung betrifft. Wir haben in diesem Jahr die Fahrgeschäfte und Standl eine Stunde früher geöffnet, und zwar um 9 Uhr morgens. Und auf der "Oidn Wiesn" haben die Festzelte abends eine halbe Stunde länger geöffnet. Die großen Festzelte betrifft das nicht.

Mit wie vielen Besuchern rechnen Sie in diesem Jahr? Mit mehr als vor der Corona-Pandemie?

Dem Vernehmen nach laufen die Platzbuchungen in den Zelten super an. Bei der vergangenen Wiesn hatten wir 6,3 Millionen Gäste. Davon würde ich in diesem Jahr auf jeden Fall ausgehen.

Was bedeutet die Wiesn als Erlebnis für die Münchner Einwohner?

Aus emotionaler Sicht gibt es wahnsinnig viele Münchner, für die die Wiesn Identifikation pur ist. Sie verbinden unsere Stadt mit der Wiesn, haben dadurch einen Identifikationspunkt im Jahr. Ich bin in München geboren, Münchner durch und durch. Für die Seele vieler Münchner ist es wichtig, zu wissen, dass sie auf die Wiesn gehen können.

Dem Vernehmen nach geht es für die lokale Wirtschaft in der bayerischen Landeshauptstadt nebenbei um weit über eine Milliarde Euro Umsatz.

Mittlerweile sind es ungefähr 1,4 Milliarden Euro, die pro Oktoberfest an Umsatz generiert werden. Vom Flughafen, über die Hotels, bis zur Maß auf der Wiesn. Viele Branchen waren von der Pandemie geplagt, der Tourismus war am Boden und der Einzelhandel hat unter finanziellen Einbußen gestöhnt. Jetzt haben sie im Herbst einen Umsatzbringer vor Augen.

Die Hotels, die Taxler, der Einzelhandel, die Brauereien – welche Branchen verdienen in welchem Umfang mit?

Die auswärtigen Besucher ließen 2019 für Verpflegung, Einkäufe, Taxifahrten oder die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel weitere 285 Millionen Euro in der Stadt. Und sie gaben für Übernachtungen und Gastronomie nochmals insgesamt rund 505 Millionen Euro aus.

Gigantische Zahlen. Die Wirte, die Brauer, die Beschicker: Was sagen diese?

Es gab keinen Tag, an dem ich nicht mindestens fünfmal gefragt wurde, wie es denn nun ausschaut. 'Gibt es schon Neuigkeiten? Können wir schon planen?' So eine Brauerei braut natürlich weniger Bier, wenn es nur um Flaschenbier geht und die Maß auf der Wiesn fehlt.

Wie viele Maß Bier gingen bei der Wiesn 2019 über die Schankflächen?

Insgesamt acht Millionen Maß, davon waren 150.000 alkoholfrei.

Das Bier ist traditionell teuer. Die Münchner "tz" berichtete zuletzt, die Maß könnte diesmal 14,50 Euro kosten.

Unsere städtische Linie ist klar: Jeder soll sich die Wiesn leisten können. Ich sehe absolut keine 14 vor dem Komma. Zwölf Euro, das ist okay, vielleicht auch noch 13 Euro. Aber höhere Preise für eine Maß Bier sehe ich nicht.

Corona ist weiterhin nicht gebannt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und der Virologe Hendrik Streeck warnen vor Mutationen im Herbst. Gibt es einen Notfallplan oder wird die Wiesn auf jeden Fall durchgezogen?

Wir haben den klaren Auftrag vom Stadtrat und von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bekommen, dass wir die Wiesn ohne Corona-Regeln planen sollen. Diesem Auftrag folgen wir. Wir planen die Wiesn ohne 3G oder anderen Corona-Beschränkungen.

Ein Vergleich sei erlaubt: Aus den Party-Hotspots auf der Ferieninsel Mallorca gibt es Berichte, dass Kellerinnen und andere Servicekräfte weiter Mundschutzmasken tragen müssen.

Im Moment gibt es keinerlei gesetzliche Regeln, die zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes verpflichten. Jetzt zu spekulieren, welche Regeln bis zum Beginn der Wiesn für gastronomische Kräfte gelten, wäre reines Raten. Wir werden uns auf der Wiesn immer an die gesetzlichen Regeln halten. Aber Stand heute wird es keinerlei Corona-Beschränkungen geben.

Jüngst wurde indes wegen des Ukraine-Krieges die moralische Frage gestellt, ob ein solches Volksfest stattfinden kann, während auch nach München Tausende Flüchtlinge strömen.

Die Wiesn selbst ist keine moralische Instanz. Jeder muss für sich entscheiden, ob er trotz des Krieges auf ein Volksfest gehen will. Es wäre meiner Meinung nach ein falsches Signal, die Wiesn deshalb abzusagen.

Wir sehen die Wiesn als Ort der Freude. Es ist niemandem geholfen, wenn wir uns diese Freude nicht gönnen. Aber wir tun als Stadt sehr viel für die Menschen in der Ukraine und werden das Thema sicher mit Solidaritätsbekundungen adressieren.

Verwendete Quellen
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