"Tiefe Spuren hinterlassen" Wofür München in der Corona-Krise riesige Schulden anhäuft
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.2021 steigen die Schulden Münchens auf geschätzt 3,1 Milliarden Euro. Ein Ende der Verschuldung ist damit längst nicht in Sicht, während trotz Corona-Krise riesige Bauprojekte geplant werden.
8,9 Milliarden Euro. Es ist eine mächtige Zahl. Sie umschreibt die Investitionen der bayerischen Landeshauptstadt München in ihre Zukunft. Aus eigenen Mitteln, zwischen 2020 und 2024. Es ist eine Summe, die in vielen anderen Rathäusern der Bundesrepublik mutmaßlich den Neid in die Gesichter treibt.
München in der Corona-Krise: Schulden steigen auf 3,1 Milliarden Euro
München plant (und baut) indes spektakuläre Großprojekte. Obwohl die Corona-Krise der Metropole an der Isar mit ihren rund 1,56 Millionen Einwohnern finanziell gehörig zusetzt.
Konkret: Laut Haushaltsbericht 2021 erwartet München eine Neuverschuldung von 1,32 Milliarden Euro. Der Schuldenstand soll Ende des Jahres damit bei 3,1 Milliarden Euro liegen, nachdem zwischen 2006 und 2020 noch 2,5 Milliarden Euro Schulden abgebaut wurden. t-online erklärt, wofür München so viel Geld ausgibt – trotz erheblicher Corona-Sorgen.
Schulen, Kitas, Wohnungsbau – München muss gehörig nachrüsten
Was bei all den Anekdoten über den Wohlstand Münchens gerne zu kurz kommt, ist, dass die bayerische Landeshauptstadt in wichtigen sozialen Fragen lange getrödelt hat. Bezahlbarer Wohnraum ist ein Riesen-Problem, ebenso schwierig gestaltet sich die Suche nach freien Plätzen in Kindertagesstätten. Und das, obwohl der Stadtkreis laut jüngsten Erhebungen des Marktforschungsinstituts GfK mit einer Netto-Kaufkraft pro Einwohner von 31.385 Euro als viertreichste Region Deutschlands gilt. Die ersten beiden Plätze belegen just Starnberg (25 Kilometer südwestlich) und der Landkreis München rund um die Stadtgrenzen.
In den städtischen Wohnungsbau sollen bis 2024 jetzt 1,4 Milliarden Euro fließen, in den Bau neuer Kitas 364 Millionen Euro und in den Neu- und Umbau von Schulen rund 3,7 Milliarden Euro. Mitten in der Coronavirus-Pandemie gibt es viel Nachholbedarf. In vielen Bereichen.
Grünwalder Stadion: Der Fußball-Sehnsuchtsort mitten in Giesing
Das Städtische Stadion an der Grünwalder Straße mitten im einstigen Arbeiterviertel Giesing ist der Sehnsuchtsort vieler Fußball-Fans, zumindest derer, die es mit dem TSV 1860 München halten. Der stets polarisierende Klub will unbedingt zurück in die 2. Bundesliga – und braucht eine modernere Heimstätte.
Der Entwurf eines Frankfurter Architekturbüros sieht eine Kapazität von 18.105 statt bislang 15.000 Zuschauern vor, mit kompletter Überdachung und umfangreichen Modernisierungen für die Vorgaben der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Kostenpunkt: geschätzt 30 Millionen Euro. Wann es losgeht, weiß im Moment niemand.
Auf Anfrage von t-online teilte das Referat für Bildung und Sport mit, dass die Kostenfrage ebenso noch zu klären sei wie die Stadionmiete. "Eine konkrete Zeitschiene kann derzeit nicht genannt werden", hieß es. Auf Nachfrage, ob der Umbau wegen der Corona-Krise sogar verschoben wird, antwortete das Referat: "Die Entscheidung obliegt dem Stadtrat."
Olympiastadion München: Das Wahrzeichen braucht eine Generalüberholung
Ein großes Anliegen ist dem Stadtrat seit Jahrzehnten der Erhalt des Olympiastadions. Idyllisch in den Olympiapark eingebettet, ist das riesige Rund der Sommerspiele 1972 und der Fußball-WM 1974 überholungsbedürftig.
Vor der Coronavirus-Pandemie gaben hier Andreas Gabalier, AC/DC oder Bon Jovi Konzerte vor bis zu 70.000 Fans. Um das weiter zu gewährleisten, sollen ab Herbst 2024 etwa 108 Millionen Euro in Sanierungsarbeiten investiert werden – und das Stadion 20 Monate lang eine Baustelle sein.
Volkstheater München: Prestigeprojekt im hippen Schlachthofviertel
Auf Hochtouren wird bereits im hippen Schlachthofviertel gebaut. Hier entsteht das neue Volkstheater, für einen garantierten Festpreis von 130,7 Millionen Euro, wie die "AZ" schreibt.
Der weitgehend weiße Neubau zwischen den roten Backsteingebäuden des Metzger-Viertels sollte im Herbst fertig sein. Wie Intendant Christian Stückl aber der "Süddeutschen Zeitung" erklärte, könnte es wegen des Booms am Bau "mit manchen Zulieferern schwierig werden".
Gasteig München: Eine halbe Milliarde Euro für die Kultur in Bayern
Dass Bayern kein Großbauprojekt scheut, zeigen imposante Pläne für einen Konzertsaal auf "Weltniveau", der im neuen Werksviertel beim Ostbahnhof entstehen soll.
Dabei hat München schon ein Kulturzentrum: den Gasteig in Haidhausen. Auch dieser ist in die Jahre gekommen. Unweit, zwischen den Isarkanälen, wird von Bund und Freistaat das Deutsche Museum renoviert. Die Kosten dafür explodierten regerecht von anfangs 450 auf mittlerweile 750 Millionen Euro.
Die Stadt will sich beim Gasteig nicht derart verschätzen. Eine halbe Milliarde Euro ist für den Umbau eingeplant, samt Panorama-Restaurant mit Blick über die Dächer Münchens. Aktuell ist aber noch nicht mal das Interimsquartier in Sendling fertig.
München in der Corona-Krise: Riesige Neuverschuldung bis 2024
Wie knifflig es in der Corona-Krise wird, belegt der Haushaltsbericht für 2021. So befürchtet Städtekämmerer Christoph Frey bis Ende 2024 einen Schuldenstand von 7,3 Milliarden Euro. Er schlägt deshalb Investitionskürzungen von 300 Millionen Euro pro Jahr vor.
"Wir erleben eine der schwersten Krisen seit der Nachkriegszeit, die auch im städtischen Haushalt tiefe Spuren hinterlassen wird", erklärte Frey und erzählte von "einbrechenden Gewerbesteuererträgen". Heißt: Egal, wie lange die Coronavirus-Pandemie noch dauert, das wohlhabende München wird riesige Neuschulden anhäufen.
- Anfrage an das Referat für Bildung und Sport der Landeshauptstadt München
- "muenchen.de": "Corona-Krise belastet den Haushalt sehr"
- "Handelsblatt": "Die reichsten Regionen in Deutschland"
- "SZ": "Sanierung des Olympiastadions kostet 108 Millionen Euro"
- "AZ": "Kulturelle Nebenwirkungen"