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München

München: Kläger kämpft gegen Quarantäne für Mpox-Infektion


Waren Behörden zu streng?
"Wie ein Gefängnis": Münchner klagt gegen Quarantäne


30.04.2025 - 17:21 UhrLesedauer: 3 Min.
Affenpocken (Symbolbild): Mitterlweile haben sich mehr als 3.500 Menschen in Deutschland infiziert.Vergrößern des Bildes
Affenpocken (Symbolbild): Unter dem Mikroskop zeigt sich die Erkrankung mit diesem Bild. Infizierte können auf der Haut viele Pusteln entwickeln. (Quelle: Niaid/Niaid/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa)
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Drei Wochen musste ein Münchner in Quarantäne verbringen, nachdem er sich mit einem Virus infiziert hatte. Dagegen klagte er und könnte nun teilweise Recht bekommen.

Andreas Bauer (Name geändert) lebt allein in einer 40 Quadratmeter großen Wohnung in München, die ihm im Sommer 2022 zeitweilig wie ein Gefängnis vorkam. Weil sich der 39-Jährige mit der damals noch Affenpocken genannten Infektionskrankheit Mpox angesteckt hatte, stellte ihn das städtische Gesundheitsamt unter Quarantäne. Drei Wochen lang durfte Andreas Bauer niemanden treffen, nicht mal seine Wohnung verlassen.

"Für mich war das eine wahnsinnig schwere Zeit", sagt der 39-Jährige am Mittwochvormittag vor Gericht rückblickend. Zumal er überzeugt ist, dass die Anordnung des Gesundheitsamts "völlig unverhältnismäßig" war. Bauer hatte deshalb vor dem Verwaltungsgericht München Klage gegen die Stadt erhoben. Nachdem er zunächst mit einem Eilantrag gescheitert war, zeichnet sich nun ab, dass er zumindest in Teilen Recht bekommen könnte.

Richter äußert in der Verhandlung "große Bedenken"

Zwar hat das Gericht noch kein Urteil gefällt. Jedoch bekundete die Vorsitzende Richterin in der mündlichen Verhandlung, dass ihre Kammer nach vorläufiger Einschätzung "große Bedenken" habe, dass das Festhalten an der Quarantäne in den letzten Tagen des Krankheitsfalls verhältnismäßig gewesen sei.

Grundsätzlich sei gegen eine sogenannte "angeordnete Absonderung" von Infizierten nichts einzuwenden, so die Richterin. Im Falle des 39-Jährigen hätte man die Quarantäne jedoch aufheben können, nachdem seine Symptome geheilt waren. Vor diesem Hintergrund schlug die Richterin vor, dass sich beide Seiten gütlich einigen.

So könnte man entweder die Quarantäne nachträglich für die letzten sechs Tage rückwirkend aufheben lassen oder man könnte protokollieren, dass das Vorgehen des Gesundheitsamts in dem Zeitraum rechtswidrig war. Auf diesem Wege könnte der Kläger dann auch vor einem Zivilgericht auf Schadensersatz klagen, so die Richterin.

Diesen Vorschlag lehnte die Vertreterin des Gesundheitsamts jedoch ab. "Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass die Quarantäne andauern sollte", sagte sie. Ihre Behörde habe sich an die Empfehlung des Robert Koch-Instituts (RKI) gehalten, wonach Infizierte drei Wochen lang in Isolation bleiben sollten.

Im Mai 2022 erstmals in Deutschland aufgetreten

Rückblick: Im Jahr 2022 waren die aus Afrika stammenden Affenpocken erstmals weltweit ausgebrochen. Im Mai wurde auch in Deutschland ein erster Fall bekannt; zwei Monate später meldete das RKI mehr als 2.000 Infizierte. Infektionen mit dem Mpox-Virus, wie es seit Ende 2022 offiziell heißt, gehen oft mit Fieber, Schüttelfrost und Gelenkschmerzen einher, gefolgt von einem Hautausschlag mit Pusteln oder Bläschen.

Anders als bei den 1980 ausgerotteten Menschenpocken verlaufen Mpox-Infektionen laut dem RKI meist deutlich milder und heilen von allein. In einigen Fällen – insbesondere bei Kindern und Personen mit geschwächtem Immunsystem – kommt es jedoch zu schweren Verläufen bis hin zum Tod.

"Ich durfte nicht mal draußen spazieren gehen"

Bei ihm sei die Krankheit harmlos verlaufen, erzählt Andreas Bauer. Nachdem er Pusteln im Genitalbereich bemerkt hatte, sei er zum Hautarzt gegangen. Kurz darauf stand fest: Er hat sich mit Mpox infiziert. In der Folge ordnete das Gesundheitsamt eine dreiwöchige Quarantäne ab dem Auftreten der Symptome an, die Bauer allein und ausschließlich in seiner Wohnung verbringen sollte.

"Ich durfte nicht mal draußen spazieren gehen. Das kann ich bis heute nicht nachvollziehen", klagte der 39-Jährige in der Verhandlung. "Denn wie hätte ich jemanden anstecken sollen?" Tatsächlich ist eine Übertragung der Affenpocken "vor allem bei engem Kontakt" möglich, so das RKI, vornehmlich beim Sex.

Entscheidung des Gerichts in den kommenden Tagen

Die anfänglich 2.000 Infizierten in Deutschland waren fast ausschließlich Männer. "Die Übertragungen erfolgen in diesem Ausbruch nach derzeitigen Erkenntnissen in erster Linie im Rahmen von sexuellen Aktivitäten", teilte das RKI damals mit. "Aktuell insbesondere bei Männern, die sexuelle Kontakte mit anderen Männern haben."

Er selbst habe keinerlei Pusteln oder offene Hautstellen gehabt, die nicht durch Kleidung bedeckt gewesen seien, argumentierte Andreas Bauer vor Gericht. Daher hätte er bei einem Spaziergang niemanden anstecken können. Und dennoch habe ihm das Gesundheitsamt verboten, seine Wohnung zu verlassen – was für ihn aufgrund einer psychischen Vorerkrankung extrem belastend gewesen sei.

"Ich hatte Panikattacken", betonte Andreas Bauer. "Das war wirklich schlimm für mich." Inwiefern er bei einem Erfolg vor Gericht die Stadt auf Schadensersatz verklagen würde, ließ der 39-Jährige nach der Verhandlung offen. "Ich will jetzt erst mal festgestellt haben, dass diese Anordnung rechtswidrig war." Eine Entscheidung wird das Verwaltungsgericht in den kommenden Tagen verkünden.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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