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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Auftritt bei "Dahoam is Dahoam" Désirée Nick: "Das werde ich den Bayern nie vergessen"

Die Schauspielerin Désirée Nick wird demnächst im Bayerischen Fernsehen zu sehen sein. t-online traf die Berlinerin vorab zu einem Interview.
Désirée Nick begann ihre Karriere als ausgebildete Balletttänzerin und Schauspielerin. Ihr Talent und ihre Vielseitigkeit machten sie schnell zu einer der markantesten Unterhaltungskünstlerinnen Deutschlands. Als Schauspielerin, Autorin oder Reality-TV-Star schlüpfte sie schon in viele Rollen. 2004 wurde sie zur Dschungelkönigin gewählt und kämpfte sich 2015 in der dritten Staffel von Promi Big Brother bis ins Halbfinale. Nun spielt sie bei "Dahoam is Dahoam" die Figur der Psychologin und Paartherapeutin Dr. Barbara Hülsmann. Die sechs Folgen werden vom 2. bis 11. Juni im BR-Fernsehen ausgestrahlt.
t-online: Frau Nick, wie kam es zu Ihrer Rolle bei "Dahoam is Dahoam"?
Désirée Nick: Ich habe eine große Affinität zu volkstümlichen Stoffen. Ich finde das herrlich, und es ist mir vertraut. An meinem Chanson-Abend singe ich viel aus dem Repertoire der Brettl-Lieder – Kneipenkultur, Kleinkunst, Wiener Chansons. Das Volkstümliche kann sehr böse sein, ist aber immer rosarot überzuckert.
Sie spielen die Psychologin und die Paartherapeutin Barbara. Erzählen Sie etwas über Ihre Rolle.
Sie ist sehr feinfühlig und weitreichend differenziert angelegt. Denn man hätte es ja sehr leicht gehabt, wenn man gesagt hätte, dass da eine neureiche, ordinäre Berlinerin kommt, die alles durcheinanderbringt und die Leute provoziert. Gerade so ist es nicht. Ich bin Frau Professor aus Hannover, eine pensionierte Paartherapeutin. Ich gucke nach dem Rechten bezüglich der Zukunft meiner Tochter, die auch kein Frühlingsküken mehr ist. Und nicht verheiratet ist. Und ich würde gerne Oma werden. Aber sie hat in dieser Hinsicht nichts zustande gebracht. Und als gebildete Fachfrau vom Dienst schaue ich mir ihr Lebensumfeld an. Diese Rolle lässt sehr viele Entwicklungsmöglichkeiten zu und zeigt Désirée Nick von einer ganz anderen Seite.
Sie werden oft als glamourös und extravagant wahrgenommen, während "Dahoam is Dahoam" für Bodenständigkeit steht. Ein Widerspruch?
Aber Schauspielerei ist doch Verwandlungskunst. Wie kann es überraschen, dass ich in unterschiedlichsten Rollen funktioniere? Ich erschaffe genau die Figur, die im Drehbuch steht. Am Staatstheater tritt man täglich in einer anderen Rolle auf, und ich war dort jahrelang solide engagiert. Ich könnte ebenso überzeugend eine Staatsanwältin oder einen Junkie spielen. An der Staatsoper Wiesbaden bin ich als Fürstin aufgetreten, an der Komischen Oper Berlin als Zirkusdirektorin. Im Film "Ostravaganza" war ich eine zahnlose Obdachlose, im selben Jahr in dem preisgekrönten Kinofilm über das Leben von dem Münchner Rainer Werner Fassbinder, dessen Muse und Sexbombe Barbara Valentin. Ich habe da mit Oliver Masucci geknutscht, also bitte …
Gilt diese Wandlungsfähigkeit für alle Bereiche Ihrer Karriere – von der großen Theaterbühne bis zum Reality-TV?
Aufgrund meiner immensen Bescheidenheit und Demut dem Beruf gegenüber war ich mir nie für etwas zu schade – daher hat man viel Reality-TV von mir gesehen: Ich kann gut Koffer die Treppen runterschmeißen! Das hat ganz Deutschland gesehen, aber ich habe es improvisiert, weil mir langweilig war. Bodenständigkeit ist Grundvoraussetzung für ein Leben als freiberufliche Künstlerin. Ich darf mich getrost Verwandlungskünstlerin nennen. Schön, dass man mir endlich im TV auch mal eine Serienrolle zugetraut hat. Das werde ich den Bayern nie vergessen.
Wie ist Ihre Verbindung zu München?
Auch da war ich Avantgarde. Ich habe in der Klenzestraße gewohnt, als ich an der Bayerischen Staatsoper engagiert war. Mit meinem Freund unweit der deutschen Eiche. Daher kenne ich das Innere von München sehr gut. Ich war nie in München, ohne dass es mir gefallen hätte. In Berlin an der falschen Ecke zur falschen Jahreszeit kannst du depressiv werden. Ich fand selbst im Winter in München alles toll. Ich wurde im Glockenbachviertel gefeiert, als ich noch völlig unbekannt war. Wahrscheinlich, weil ich zu groß und zu dünn war und den Watschelgang einer Tänzerin hatte.
Sie lieben München?
Ja, ich liebe München. Da war es immer schick. Das hat mir gefallen. Und ich fand es auch immer lustig und habe mich auch schick gemacht. Alle fanden mich frisch und ich habe mich stets in Bayern wohlgefühlt.
Ich fand selbst im Winter in München alles toll.
désirée nick
Sie sind für Ihren schillernden und oft provokanten Charakter bekannt. Wie viel davon ist Inszenierung, und wie viel ist die authentische Désirée Nick?
Na ja, wenn ich auf der Bühne stehe, ist das natürlich geprobt und einstudiert. Aber Auftritte, die nicht auf Bühnen stattfinden und keine Rolle beinhalten, sind nicht inszeniert. Ich verstelle mich privat nicht. Der Beruf des Schauspielers besteht ja aus Verwandlung – das wird heute oft vergessen. Die Wurzel ist die Verwandlungskunst. Ich finde es toll, dass man mit Kostümen und Charakteren jemand anderes sein darf, der man im richtigen Leben nicht ist. Der Schauspielberuf ist der schönste der Welt – und kann gleichzeitig der grausamste sein. Dazwischen gibt es alle Varianten, und das finde ich wunderbar.
Gab es für Sie einen besonders grausamen Moment als Schauspielerin?
Wenn man sehen muss, dass irgendwelche Gurken Rollen bekommen, und man selbst ist viel besser. Und diese Leute setzen es in den Sand – da ärgere ich mich maßlos.
Man sagt über Sie: "Die Nick ist direkt, provokant, schlagfertig, manchmal zum Fremdschämen, aber irgendwie auch gut." Fühlen Sie sich da richtig beschrieben?
Das freut mich. Ich hatte schon befürchtet, dass hier auch das Wort "polarisiert" auftaucht. Ich hasse diesen Begriff. Oft lese ich über mich: "Sie polarisiert!" Das soll ja toll sein. "Polarisieren" als Message bedeutet: "Hey Leute, die könnt ihr hassen!" Das ist wie eine Einladung. Ich lehne das Wort ab, weil es für die Hater immer eine Steilvorlage ist.
Sie haben aber immer auch gerne provoziert, oder?
Niemals bewusst. Wenn man das Provozieren nennt, dann kann ich nur sagen: "Ich bin so." Ich habe mir nie gedacht: "Wie kann ich provozieren?" Das machen die Leute bei Promis unter Palmen. Alle wollen nach Berlin, ich komme aus Berlin – aus Neukölln. Und wenn man sich da durchgeschlagen hat, dann braucht man nicht zu provozieren. Ich muss mich auch nicht befreien. Viele ziehen nach Berlin, um sich dort zwischen Berghain und Kiez selbst zu finden. Ich komme von dort. Das ist eine völlig andere Seite der Medaille. Da findet man ganz andere Sachen toll. Ich musste nie nach Provokation suchen. Ich habe auch an der Schaubühne unter René Pollesch und Frank Castorf gespielt. Was soll ich da noch provozieren?
Bei Wikipedia werden Sie als Unterhaltungskünstlerin, Schauspielerin, Autorin und Reality-TV-Teilnehmerin geführt. Worin sehen Sie sich heute am ehesten?
Als Schauspielerin. Ich war auch im Reality-TV eine Schauspielerin – und zwar so gut, dass die Leute es für die Realität gehalten haben.
Sie waren 2004 im Dschungelcamp und haben dort gewonnen.
Meine vielen Facetten haben mich überhaupt erst in den Dschungel gebracht. Es stand so viel über mich in den Zeitungen, dass man mich damals fragte, ob ich teilnehmen möchte. Aber zu dem Zeitpunkt war ich schon zehn Jahre mit meiner Show unterwegs. Nach dem Dschungel habe ich dann endlich Schauspielengagements bekommen. Ich mache meinen Job also gründlich.
Waren Sie sich für nichts zu schade, oder war es nur der finanzielle Reiz?
Ich bin mir nie für etwas zu schade. Wenn ich ein Teppichhaus eröffnen, über einen Floor streichen soll – und das wird ordentlich bezahlt – dann finde ich den Job super. Ich bin in den Dschungel gegangen, weil es natürlich ums Geld ging. Ich musste doch überleben. Ich war mir für nichts jemals zu schade.
Ich bin in den Dschungel gegangen, weil es natürlich ums Geld ging.
désirée nick
2023 waren Sie auf der Titelseite des Playboys und sind damit das bisher älteste deutsche Model des Magazins. Wie erotisch finden Sie sich aktuell?
Die Bilder sind geil. Das war für mich auch wie eine Schauspielrolle. Bei 50 Grad auf Sardinien wurde uns alles geklaut – Koffer und Schminke. Das ganze Gepäck war weg, kam erst zwei Wochen später. Es hat an allen Ecken gebrannt. Gott sei Dank hatte ich meine Federboas und High Heels im Handgepäck. So kannst du als Frau weltweit überleben. Ich finde mich heute erotischer als früher, weil ich damals sehr schüchtern war. Ich war mit Schüchternheit geschlagen. Ich finde mich heute besser als je zuvor.
Gibt es zum Schluss noch eine besondere Anekdote zu München?
Ich habe mal in der Klenzestraße vom Balkon ein Kondom in den Innenhof geworfen, weil meine Schwiegermutter zu Besuch kam und ich dachte, sie schaut in den Müll. Da habe ich es aus dem Fenster geworfen. Ich weiß nicht, ob es da heute noch liegt. Es wurde wahrscheinlich bei Sanierungsarbeiten entsorgt – aber es war von mir.
- Interview mit Désirée Nick