Plagiatsaffäre Prozess um Racheakt gegen Rechtsmediziner wird fortgesetzt

Der Leiter der Münchener Rechtsmedizin sollte durch ein gefälschtes Buch diskreditiert werden. Nun könnte der Prozess zu Ende gehen.
Das Amtsgericht München nimmt am Donnerstag (ab 9 Uhr) einen neuen Anlauf für den Endspurt im Prozess um ein mutmaßlich als Racheakt gefälschtes Plagiat. Ob es zu einem Urteil kommt, ist jedoch offen – denn als der Prozess das letzte Mal enden sollte, fehlte die Hauptperson: der Angeklagte.
Das Gericht konnte damals nicht klären, wo sich der 70-Jährige aufhielt und warum er nicht zum Prozess erschienen war. Auch blieb unklar, ob ihm die Ladung zu dem Termin offiziell zugestellt wurde und ob der Mann an der dem Gericht bekannten Adresse überhaupt noch wohnt. Deshalb wurde ein neuer Termin angesetzt.
Fast drei Jahre Haft gefordert
Sollte der Angeklagte dieses Mal erscheinen, könnte die Verteidigung ihr Plädoyer halten, bevor das Gericht sein Urteil verkündet. Für den Angeklagten steht einiges auf dem Spiel: Staatsanwaltschaft und Nebenklage haben in ihren Plädoyers zwei Jahre und zehn Monate Haft gefordert.
Der – zumindest zeitweise – verschwundene Angeklagte ist das jüngste Kapitel in einem bizarren Kriminalfall. Laut Anklage hatte der Mann versucht, den Leiter der Münchner Rechtsmedizin mit einem aufwendig gefälschten Plagiat zu diskreditieren. Dafür soll er Helfer in Pakistan angeheuert haben, ein wissenschaftliches Werk zu erstellen und den Eindruck zu erwecken, als wäre es vor 1987 erschienen.
In dieses Buch sollen dann Passagen und Abbildungen aus der Dissertation des Rechtsmediziners eingeflossen sein. So sollte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft der Eindruck entstehen, als hätte der Mediziner für seine 1987 erschienene Doktorarbeit daraus abgeschrieben.
Angeklagter soll Plagiatsjäger gezielt beauftragt haben
Eigens gedruckte Exemplare des Bandes soll der Angeklagte – selbst Träger zweier Doktortitel – den Ermittlungen zufolge dann auf einer Auktionsplattform im Internet versteigert haben. Zudem soll er Plagiatsjäger beauftragt haben, die er explizit auf das Buch hinwies. Letztlich leitete die Universität Hamburg ein Prüfverfahren ein.
Die Staatsanwaltschaft vermutet, der Angeklagte habe sich am Rechtsmedizinischen Institut dafür rächen wollen, dass seine Mutter nach ihrem Tod im Jahr 2020 gegen seinen Willen obduziert worden war.
Dem 70-Jährigen werden unter anderem Urkundenfälschung, Verleumdung und Betrug vorgeworfen. Bei einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren ist eine Aussetzung zur Bewährung nicht mehr möglich.
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
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