Mit Knabenchor und Festessen Weihnachten hinter Gittern: So feiern Häftlinge in Stadelheim
Tannenbäume, festliche Mahlzeiten und Geschenke sollen den Alltag der Gefangenen in Stadelheim zu Weihnachten schöner machen. Trotzdem bleibt die Sehnsucht nach Freiheit und Familie.
Stacheldrahtzaun mit Lametta und Lichterketten? Wärter mit Weihnachtsmannmützen? Wie das Fest der Liebe im Gefängnis gefeiert wird, ist für die meisten Menschen nur schwer vorstellbar. t-online hat sich bei der JVA Stadelheim erkundigt und weiß, was in der Adventszeit hinter den dicken Mauern passiert und was an Heiligabend auf den Teller kommt.
Festgottesdienste und Musik
Obwohl sich laut Anstaltsleiter Clemens Schmid nur ein Drittel der Inhaftierten öffentlich zum Christentum bekennt, stehen die Adventssonntage und Feiertage in Stadelheim ganz im Zeichen von Gottesdiensten. Evangelische und katholische Seelsorger gestalten abwechselnd die Feiern, die allen Insassen offenstehen.
Ein besonderer Höhepunkt soll auch in diesem Jahr wieder ein besonders festlicher Gottesdienst sein. Dieser wird am 17. Dezember traditionell vom Tölzer Knabenchor begleitet.
Wer nicht an den Zeremonien teilnehmen möchte, hat die Möglichkeit, sich unter vier Augen mit den Seelsorgern auszutauschen. Diese würde laut Anstaltsleiter Schmid häufig genutzt werden: "In der Advents- und Weihnachtszeit werden von Gefangenen aller Konfessionen verstärkt Gesprächswünsche artikuliert". Weiter erklärt er: "In dieser Zeit spüren die Inhaftierten intensiv und besonders schmerzlich, wie sehr eine Inhaftierung vom sozialen Umfeld ausschließt und wie viel dadurch nicht miterlebt werden kann".
Die Justizvollzugsanstalt Stadelheim
Die JVA Stadelheim, eine der größten und bekanntesten Justizvollzugsanstalten Deutschlands, beherbergt 1.300 Gefangene. Mehr als 700 Bedienstete sind dort angestellt. In ihrer über 125-jährigen Geschichte war die Haftanstalt Schauplatz zahlreicher politischer und gesellschaftlicher Ereignisse. Zu den prominentesten Ex-Insassen zählen unter anderem Adolf Hitler, Sophie und Hans Scholl sowie Beate Zschäpe.
Nicht nur mit Möglichkeiten der Begegnung will die Anstalt die schwierige Weihnachtszeit für die Häftlinge so angenehm wie möglich machen. Auf dem Gefängnisgelände in München stehen insgesamt 40 Weihnachtsbäume. Sie werden von den Bediensteten oft gemeinsam mit den Gefangenen dekoriert. Adventskränze und beleuchtete Tannenbäume sollen in der Kirche eine festliche Atmosphäre schaffen. Auch Kerzen können dort entzündet werden.
Von wegen Knastküche: Festessen an Weihnachten
Nicht nur an den Tafeln in den Münchner Wohnhäusern wird an Heiligabend festlich geschmaust. So dürfen sich die Inhaftierten in der JVA Stadelheim am 24. Dezember über ein halbes Hähnchen mit Kartoffelsalat freuen. An den darauffolgenden Feiertagen werden Truthahnhackbraten und Jägergeschnetzeltes serviert – für Vegetarier stehen fleischlose Alternativen bereit.
Bedürftige Häftlinge, die über nur sehr geringe oder über keine finanziellen Mittel verfügen, erhalten auf Antrag neben dem Festessen auch ein Weihnachtspäckchen. In diesem finden sich Süßigkeiten sowie Tee. Die Finanzierung der Päckchen übernimmt ein gemeinnütziger Verein.
Weihnachtsgnade? Keine vorzeitigen Entlassungen
Die Hoffnung vieler Inhaftierter, Weihnachten vielleicht doch frühzeitig bei ihren Liebsten verbringen zu können, erfüllt sich in München jedoch nicht. Vorzeitige Entlassungen zu Weihnachten gibt es in Bayern nicht: "Diese Entscheidung obliegt dem zuständigen Gericht und es gibt diesbezüglich für Weihnachten keine besonderen Regelungen", so der Anstaltsleiter.
Gefangene, deren Haftzeit offiziell zwischen dem 22. Dezember und dem 6. Januar endet, dürfen jedoch am letzten Werktag davor das Gefängnis verlassen.
- Austausch mit der JVA Stadelheim, 3. Dezember 2024
- Recherche der Redaktion