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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Fotos unterm Dirndl auf der Wiesn "Wenn Du einen Spanner siehst, bring ihn mir"
Das "Teufelsrad" sorgt seit Tagen für Aufregung. Der Verdacht: Spanner filmen bei dem Traditionsfahrgeschäft gezielt Frauen unter das Dirndl. Ein Ortsbesuch.
Nachmittags auf der Wiesn – die Sonne scheint und das "Teufelsrad" ist prall gefüllt. Das mehr als 100 Jahre alte Fahrgeschäft ist eines der Highlights auf der Wiesn und zieht täglich Tausende Gäste an. Das Prinzip des Fahrgeschäfts ist simpel: Besucher klammern sich auf einer immer schneller drehenden Scheibe fest und versuchen, sich dort möglichst lange zu halten.
Seit Tagen kommt das "Teufelsrad" allerdings nicht aus den Schlagzeilen, weil angeblich Spanner hier gezielt Frauen unters Dirndl filmen sollen. Das "Teufelsrad" also neuerdings ein Brennpunkt? t-online hat sich vor Ort ein Bild gemacht.
Hinter dem Fahrgeschäft wirbelt Elisabeth Polaczy umher – eine herzliche Frau im Dirndl. Sie wirkt gestresst, hat aber ein breites Lächeln auf den Lippen. Sie scheint genauso wie ihr "Teufelsrad" ein Urgestein auf dem Oktoberfest zu sein. Ob sich t-online selbst ein Bild im Inneren machen dürfe? "Natürlich. Geh rein, wenn Du einen Spanner siehst, bring ihn mir. Ich rufe sofort die Polizei", sagt sie zum t-online-Reporter.
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Betreiber wissen um das Problem
Gesagt, getan. Um das "Teufelsrad" herum hat sich zu diesem Zeitpunkt schon eine johlende Menschentraube versammelt. Per Lautsprecher schallt es durch das Zelt, in dem das "Teufelsrad" untergebracht ist: "Nun sind alle Herren dran." Sofort stürmen mehrere Dutzend Männer auf die Drehscheibe und klammern sich fest. Das "Teufelsrad" nimmt Fahrt auf und wird immer schneller. Es dauert keine Minute, bis der erste von der Scheibe rutscht.
Und tatsächlich – obwohl gerade die Herren am Zug sind und nicht die Damen: um das Rad herum werden Smartphones gezückt, Gäste filmen mit. Ein Mann hat sogar eine Actioncam dabei, um das Treiben auf dem Rad festzuhalten. Auch als ein paar Minuten später die Damen aufs Rad gebeten werden, verschwinden die Kameras nicht. Aber geht es den Hobbykameraleuten hier ums Spektakel oder versuchen sie wirklich, einen Blick unter die Dirndl zu werfen?
Fest steht: Je wilder das Rad sich dreht, desto eher rutschen auch die Dirndl der Damen nach oben und geben den Blick auf Stellen frei, die ansonsten im Verborgenen bleiben würden. Das wissen auch Polaczy und ihr Neffe Wiggerl Kugler, der mit ihr zusammen das Fahrgeschäft betreibt. "Die Leute hier filmen ja alles. Problematisch wird's nur, wenn die Männer nur bei den Dirndln die Kameras anmachen", sagt Kugler im Gespräch mit t-online.
Personal achte gezielt auf Spanner
Ihr Personal sei aber geschult und achte gezielt darauf, wann die Leute ihre Kameras anmachen und was diese filmen. Sollte ihnen jemand auffallen, werde sofort die Polizei gerufen. In der Tat kommt die Sensibilität für das Thema "Upskirting", darunter versteht man das gezielte Filmen unter einen Rock, nicht von ungefähr.
2022 hatte nämlich tatsächlich ein Spanner sein Unwesen am "Teufelsrad" getrieben. Die Betreiber überführten ihn damals und übergaben ihn der Polizei. Auch in diesem Jahr will ein Münchner Reddit-Nutzer Ähnliches beobachtet haben. Ihm sei aufgefallen, dass auf der diesjährigen Wiesn "immer die gleichen Gestalten mit ihren Actioncams gleich in der ersten Reihe stehen." Gerade, wenn Damenrunden auf dem "Teufelsrad" seien, sei das Interesse dieser Zuschauer groß. Mehr zu seinen Beobachtungen lesen Sie hier.
Wie viel ist dran an dieser Beobachtung? Das lässt sich schwer nachvollziehen. Kugler beteuert, dass ihnen in diesem Jahr ein solcher Fall noch nicht untergekommen sei. Auch die Polizei bestätigt das auf Anfrage von t-online hin. Zwar seien der Polizei bislang auf der gesamten Wiesn fünf Fälle von "Upskirting" bekannt, aber am "Teufelsrad" noch kein einziger.
"Du gehst das Risiko ein, dass dein Rock hochrutscht"
Da "Upskirting" erst seit 2021 eine Straftat ist, ist auch ein Vergleich der Zahlen mit den vorherigen Jahren nicht möglich. Fest steht, dass Spannern im Zweifelsfall eine empfindliche Strafe droht: Das Strafmaß reiche laut Münchner Polizei von einer Geldstrafe bis zu einer zweijährigen Haftstrafe.
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Schätzungsweise fünf Minuten nach Fahrtbeginn sind auch alle Frauen der Damenrunde vom "Teufelsrad" gepurzelt. Haben sie sich wegen der gezückten Handys ums "Teufelsrad" herum unwohl gefühlt?
Eine Dame namens Emma war gerade mit ihren beiden Freundinnen auf dem "Teufelsrad". "Ich habe mich überhaupt nicht unwohl gefühlt, allerdings gehst Du halt schon das Risiko ein, dass dein Rock hochrutscht", sagt sie zu t-online.
- Reporter vor Ort
- Anfrage per E-Mail an die Pressestelle des Münchner Polizeipräsidiums