Wieso war der Angeklagte nicht isoliert? Brutaler Hexen-Mord in München: Klinik unter Druck
Es ist ein grausamer Fall, der Einblicke in den harten Psychiatrie-Alltag gibt. Eine Münchner Klinik steht jetzt in der Kritik. Wie sicher sind die Patienten dort?
Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung gegen eine Klinik in München-Haar wegen fahrlässiger Tötung. Hintergrund ist ein Psychiatrie-Mord im Mai vergangenen Jahres, bei dem ein psychisch kranker Mann eine Mitpatientin auf grausame Art ermordet haben soll, weil er sie für eine Hexe gehalten hatte. Der Fall wird seit dieser Woche in München verhandelt.
Dem Bericht zufolge haben auch die Angehörigen der getöteten Patientin die Klinik auf Schadensersatz verklagt. Im Prozessauftakt am Montag hatte der 33-Jährige die Tat gestanden. Zudem wurde deutlich, dass der Mann in der Einrichtung zuvor einen Mord angekündigt hatte.
Laut "Bild" sagte ein Mediziner des Klinikums in dem Verfahren, dass die Ankündigung für die betreuenden Ärzte kein Anlass gewesen sei, den verhaltensauffälligen Mann in einem Isolationszimmer zu behalten. Auf die Mordankündigung des Brasilianers angesprochen, sagte ein Arzt: "Wir nehmen es ernst. Aber wenn wir jeden nach so einer Ankündigung fixieren würden, dann müssten wir es bei einem Großteil der Patienten tun."
Angeklagter soll vor Einweisung massiv auffällig gewesen sein
Der Fall wirft die Frage auf, wie sicher die Psychiatrie für alle Patienten tatsächlich ist – und ob die mögliche Gefahr, die von Neuankömmlingen dort ausgeht, vor Ort tatsächlich richtig eingeschätzt wird: Denn wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, war der Angeklagte vor seiner Einweisung in die Psychiatrie massiv auffällig gewesen.
Wenige Stunden zuvor hatte er blutüberströmt und laut schreiend im Treppenhaus seines Hauses gestanden. In seiner Wohnung hatte er seinen Chihuahua regelrecht abgeschlachtet und ihm einen Altar errichtet. Vor Gericht gab der Mann am Montag an, dass er in seiner Heimat mit seiner Familie in Streit geraten war, weil er sich einer Geschlechtsumwandlung hatte unterziehen wollen. In der Einrichtung soll der Brasilianer vor der Tat auch einen Arzt angegriffen haben.
Wenig später riss der Brasilianer laut Staatsanwaltschaft in seinem Bad die Stange des Duschvorhangs ab und ging damit in das Badezimmer der Patientin. Zwei Dutzend Mal schlug er der Antragsschrift zufolge auf ihren Kopf ein, bevor er sie mit einem Pullover strangulierte. Danach legte er ein Feuer.
Waren Patienten dem Mann "schutzlos ausgeliefert"?
Der Mann wird nach dem Verfahren wohl dauerhaft in einer geschlossenen Psychiatrie untergebracht werden, eine Verurteilung wegen Mordes gilt wegen der zweifelhaften Schuldfähigkeit des Angeklagten als unwahrscheinlich.
Eine Anwältin der Familie des Opfers sagte der "Bild"-Zeitung: "Das hätte niemals passieren dürfen. Die Allgemeinheit sollte vor ihm beschützt werden, darum wurde er eingeliefert. Aber die Mitpatienten in der Psychiatrie waren ihm alle schutzlos ausgeliefert? Wie kann das sein?"
Die Familie und Freunde der Ermordeten hatte sich am Montag zu einer Mahnwache vor dem Gericht versammelt. Zudem wurde eine Gedenkseite im Internet für die Verstorbene eröffnet. Das Verfahren in München wird in den kommenden Wochen fortgesetzt.
- bild.de: "Kamillas Familie will die Klinik verklagen"
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa