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München

Die Band Extrabreit kommt nach München


Interview
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Extrabreit spielt am Freitag in München
"München war die absolute Koks-Hauptstadt in den 80er Jahren"

InterviewVon Reinhard Franke

Aktualisiert am 19.11.2022Lesedauer: 5 Min.
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Konzert der Band Extrabreit: Die Band aus Hagen gibt es nun schon seit 44 Jahren. (Quelle: Becker/ Bredel/imago-images-bilder)

"Hurra, hurra, die Schule brennt": Extrabreit wurden einst mit Hits wie diesem zu Helden der Neuen Deutschen Welle. Am Freitag stehen sie in München auf der Bühne.

Viel Zeit ist vergangen, seit die Hagener Band Extrabreit 80er-Hits wie "Hurra, hurra, die Schule brennt" oder "Flieger, grüß mir die Sonne" veröffentlichten. Die Band existiert seit 44 Jahren und sie stehen immer noch gerne auf der Bühne.

Am Freitag starten Extrabreit im Strom in München ihre Weihnachts-Blitztour. Dann spielt die Band neben Klassikern auch Songs aus dem aktuellen Album "Auf Ex!". Sänger Kai Havaii, mit bürgerlichem Namen Kay Schlasse, spricht im Interview mit t-online über München in den 80er-Jahren, Drogen, Klimaaktivisten und seine zweite Leidenschaft.

t-online: Herr Havaii, das erste Konzert ihrer neuen Tour ist in München, wo aktuell Klimaaktivisten ohne Urteil im Gefängnis sitzen. Was sagen Sie dazu?

Kai Havaii: Wenn man Straßen blockiert oder sich an Kunstwerken festklebt, muss man damit rechnen, dass es dafür Sanktionen gibt. Das muss man dann in Kauf nehmen und nicht herumjammern. Ganz abgesehen davon kann ich diese Aktionen einer selbsternannten "Letzten Generation" grundsätzlich nicht nachvollziehen. Ich wüsste nicht, dass dadurch auch nur ein Kubikmeter CO2 weniger in die Atmosphäre gelangt. Ich finde das ein bisschen albern. Da ist auch viel Wichtigtuerei dabei.

"Ich kann gar nicht anders als Widerstand leisten", sagte eine 18 Jahre alte Aktivistin. Extrabreit haben früher doch auch bewusst Widerstand geleistet, oder?

Widerstand leisten, klingt so monumental. Wir haben uns gern an Autoritäten und der Spießigkeit der Verhältnisse gerieben, haben uns über Lehrer, Buskontrolleure, Polizisten und Kaufhausdetektive lustig gemacht. Das hatte was Erfrischendes und hat einfach Spaß gemacht.

Einer Ihrer Hits heißt "Polizisten". Wie sehen Sie die Polizei im Umgang mit den Aktivisten?

Soweit ich das beurteilen kann, tun die Polizisten das, was sie tun müssen. Es ist ihre Aufgabe, solche Blockaden aufzulösen. Ich habe bisher nicht den Eindruck gehabt, dass die Polizei besonders brutal vorgeht. Polizisten werden heutzutage sehr genau beobachtet. Man stellt Polizisten gerne an den Pranger, wobei ich glaube, dass sie das nicht immer verdient haben.

Extrabreit gibt es jetzt seit 44 Jahren. Gehört "Hurra, hurra, die Schule brennt" noch zum Live-Repertoire?

Das wird oft gefragt, ob wir noch Bock haben, diesen Song zu spielen. Doch, durchaus. Diese Nummer kommt immer im Zugabenblock, wo sie hingehört. Wenn live dann alle dazu abgehen, macht es nach wie vor Spaß.

Und die aktuelle Besetzung soll auch in den nächsten Jahren die Fahne hochhalten?

Das hoffen wir und klopfen auf Holz, dass wir fit bleiben. Wir fahren aber auf Sicht und planen nur ein Jahr im Voraus. Wir spielen in der aktuellen Besetzung schon 22 Jahre zusammen. Das ist eine Gang mit einem starken Zusammenhalt.

Gitarrist Stefan Kleinkrieg war von Anfang an dabei. Wie ist Ihr Verhältnis?

Es ist schon so eine Art Ehe. Und wie in jeder langen Ehe hatten wir auch Krisen. Wenn wir verschiedener Meinung waren, gab es oft Spannungen. Es gab auch Phasen, in denen Funkstille zwischen uns herrschte. Das ist aber alles überwunden. Wir wissen viel voneinander an guten und schlechten Dingen. Das schweißt zusammen. Am Ende des Tages sind wir die besten Freunde.

Sind Sie ein Fan von Clubkonzerten?

Oh ja. Ich liebe Clubshows. Wir spielen auch die großen Dinger sehr gern, bei denen Stadionatmosphäre aufkommt, aber so Konzerte wie im Strom sind intim. Da kommen die ausgewiesenen Fans hin. Da ist man eine geschlossene Community, das macht großen Spaß.

Gibt es für Sie eine ganz persönliche Erinnerung an München?

München war die absolute Koks-Hauptstadt in den 80er-Jahren. Nirgendwo wurde so viel geschnorchelt wie da, vielleicht auch, weil es da eine Menge Leute gab, die sich das Pulver leisten konnten. Die 300 Mark, die das Gramm kostete, waren schließlich ein Vermögen. Nun, wir waren gewissen Stimulanzien nicht abgeneigt und konnten uns da schon dies und das leisten. Und so haben wir, wenn wir in München waren, uns auch immer gern "einen Schnabel wachsen lassen", wie wir das nannten.

Das neue Album ist während der Pandemie erschienen. Sind Sie zufrieden mit der Platte?

Als wir uns Anfang 2020 entschlossen, das Album zu machen, war das mit der Pandemie noch nicht absehbar. Im März ging es dann mit dem Lockdown und den Maßnahmen richtig los. Da waren wir mittendrin in der Arbeit. Aber wir wollten mit dem Album ein Lebenszeichen von uns geben. Das kam auch sehr gut an, doch so richtig an den Mann bringen konnten wir die Platte nicht, weil keine Konzerte stattfinden konnten. Wenn wir jetzt auf der Tour Songs vom neuen Album spielen, dann ist das quasi eine Premiere.

Was vermissen Sie aus den 80ern?

Was ich vermisse, ist dieser Spirit, diese Entdeckungsfreude und Neugier. Damals steckte viel Neues, Überraschendes in den Bands, die wie Pilze aus dem Boden schossen. Mir fehlt heute das Naive und die Experimentierfreude. Heute kommt mir das doch alles sehr viel formatierter vor. Ich habe heute das Gefühl, dass junge Bands erstmal einen Marketingplan machen, bevor sie mit der Musik anfangen.

Sie sind seit einigen Jahren auch Schriftsteller, haben gerade wieder einen Thriller veröffentlicht. Das Buch heißt "Hyperion" und handelt von rechtem Terror und Geheimdiensten. Wie kam es dazu?

Bücher zu schreiben, ist ein uralter Traum von mir. Warum es so lange gedauert hat, bis ich endlich damit begonnen habe, weiß ich selbst nicht. Es ist wohl eine Sache der inneren Einstellung und der Ruhe, die man dazu braucht. Nachdem 2007 meine Autobiografie "Hart wie Marmelade" erschienen ist, hatte ich Blut geleckt.

Wenn Musiker Bücher veröffentlichen, rümpfen Kritiker oft die Nase.

Ja, die Tendenz ist da. Auch ich stoße da manchmal auf Vorurteile, so nach dem Motto: wieder so ein Musiker, der meint, er könne Bücher schreiben. Das ärgert mich ein bisschen, weil ich das sehr ernst nehme und mit großer Sorgfalt und Leidenschaft mache. Ich halte mich für einen wirklich guten Schriftsteller.

Die Weihnachts-Blitztour beginnt in München. Gibt es eine besondere Liebe zu der Stadt?

Wir haben in den 80er-Jahren viel Zeit hier verbracht, im Park Hilton. Das Hotel soll ja inzwischen ein bisschen heruntergekommen sein. Und wir haben in München auch Platten gemischt, mit Reinhold Mack, dem Produzenten, der auch Queen produziert und mit Bowie und den Stones gearbeitet hat. Wir haben immer gerne in München gespielt. Auch die letzte Show im Strom war prima. Das ist ein toller Club.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Kay Schlasse
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