Offshore-Firmen mit Fantasienamen Das steckt hinter den Ermittlungen beim Oligarchen vom Tegernsee
Geldwäsche und Steuerhinterziehung: Auch nach Razzien bei seinen Banken leugnet der Oligarch Alischer Usmanow illegale Machenschaften.
Wenn Alischer Usmanow vom russischen Generalkonsulat in Bogenhausen zu seiner Filiale der Schweizer Großbank UBS am Europaplatz 1 wollte, musste er keine 500 Meter zurücklegen. Die russische Vertretung dort soll dem 69-Jährigen geholfen haben, etwa bei der Vermittlung seiner Villa im Münchner Nobelviertel. Zwar war der Oligarch dort gemeldet, ob er zwischen April 2015 und April 2016 dort aber auch lebte, könne man nicht aus der Datenbank des Einwohnermeldeamtes rekonstruieren, berichtete der "Spiegel".
Am Dienstag durchsuchten zahlreiche BKA-Beamte die UBS-Filialen in München und Frankfurt. Der Verdacht: Geldwäsche und hinterzogene Steuern im Umfang von über 500 Millionen Euro. Während die Fahnder hartnäckig bleiben, streitet Usmanows Pressesprecher weiterhin jegliches Fehlverhalten ab: "Es gibt keine Grundlage für Spekulationen über Herrn Usmanows angeblich illegale Aktivitäten und den Verdacht der Geldwäsche", meldete der Pressedienst des Oligarchen nach der Bankenrazzia.
Usmanow will von den Razzien bei der UBS-Bank nichts gewusst haben
Da Usmanow keine "offiziellen Mitteilungen" zur Razzia bei der UBS-Bank erhalten habe, "könne er sich dazu auch nicht äußern". Er sehe es jedoch als "Verleumdung" an, wenn er mit "Geldwäsche" und "undurchsichtigen Geldströmen" in Verbindung gebracht werde.
Als Indiz für Usmanows Steuerpflicht in Deutschland, so der Vorwurf der Münchner Staatsanwaltschaft, führen die Ermittler der Soko "Ukraine" Usmanows langen Aufenthalt in Rottach-Egern an. Der Milliardär parkte an genau 262 Tagen im Jahr 2020 am Flughafen in München seinen Großraumjet Airbus 340-313.
Als der gebürtige Usbeke nach Putins Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 Wind davon bekam, dass er als Vertrauter des Kremlchefs auf der EU-Sanktionsliste landen könnte, verließ er vier Tage später sein Tegernseer Domizil. Am Erdinger Moos hob sein Airbus rechtzeitig um 19.20 Uhr mit Ziel Taschkent ab. Einen Tag später wurde die Sanktionsliste der Europäischen Union veröffentlicht. Geführt wird Usmanow dort als "kremlfreundlicher Oligarch", der mit der "Verwaltung von Finanzströmen betraut" war und dessen Stellung "vom Willen des Präsidenten abhängt".
Villen am Tegernsee über Offshore-Firmen mit Fantasienamen gekauft
Was folgte, waren Razzien in vier Tegernseer Immobilien am 22. September. Ein Großaufgebot von Fahndern stieß auf Unterlagen und wertvolle Kunstgegenstände wie die vermeintlichen Fabergé-Eier. Diese Woche standen nun Usmanows Privatkonten bei den UBS-Filialen im Visier der Fahnder. Die UBS erklärte zu der Aktion: "Wir bestätigen, dass in den Räumlichkeiten der UBS Europe SE Niederlassungen in Frankfurt und München staatsanwaltschaftliche Durchsuchungen stattgefunden haben".
Die Wirtschaftskriminalisten der BKA-Abteilung für schwere und organisierte Kriminalität sollen in den vergangenen Monaten fast 100 Geldwäscheverdachtsmeldungen von Banken zusammengetragen haben, die Usmanows Transaktionen betreffen sollen. Die Anzeigen richten sich laut "Spiegel" zum Teil gegen den Sanktionierten selbst, zum Teil auch gegen Offshore-Firmen, die mit Usmanow in Verbindung stehen.
Bei den Offshore-Firmen kommt dann wieder der Tegernsee ins Spiel. Denn alle Immobilien, die Usmanow in Rottach-Egern zugeschrieben werden, wurden von Briefkastenfirmen auf der britischen Steueroase Isle of Man erworben. Sämtliche Kaufverträge von Münchner Notariaten liegen t-online vor.
555 Millionen Euro Steuern soll Usmanow in Deutschland hinterzogen haben
Usmanows Bevollmächtige kauften die Villen unter Fantasienamen wie Lake Point Property Holding oder Tegernsee (IOM) Limited. Auf insgesamt 36 solcher Offshore-Firmen seien Fahnder der Soko gestoßen. Schon 2017 registrierte die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee verdächtige Geldbewegungen Usmanows. Es folgte eine Geldwäscheverdachtsanzeige bei der zuständigen Financial Intelligence Unit (FIU) in Köln.
Offenbar mit Erfolg: Weitere verdächtige Kontobewegungen soll es ab dem Jahr 2018 mit mehr als zwei Millionen Euro gegeben haben. Laut den Ermittlern soll auch die genannte Tegernsee (IOM) Limited in die Überweisungen verwickelt sein. Mithilfe von Strohmännern habe Usmanow versucht, Vermögen zu verschieben, um tatsächliche Eigentumsverhältnisse zu verschleiern.
Insgesamt wird Usmanow den deutschen Fiskus wohl um 555 Millionen Euro gebracht haben. Darauf erwidert Usmanow: Er habe "für seine Hauptinvestitionen seit 2014 Steuern in der Russischen Föderation getätigt", daher sehe er "keine Notwendigkeit einer Doppelbesteuerung seiner Einkünfte in Deutschland".
- spiegel.de: "Verdacht gegen Oligarch Usmanow"
- Eigene Recherchen