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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Es ist eine Achterbahn der Gefühle" So war es auf dem Helene-Fischer-Konzert in München
In München hat Helene Fischer ihren Fans ein Wechselbad an Emotionen beschert: Unwetter, Evakuierung und dann doch noch "Atemlos". t-online war vor Ort.
Das Megakonzert von Helene Fischer am Samstagabend in München steht Stunden vor dem Beginn im Schatten der Gewitterwolken, die 39 Liter pro Quadratmeter über der Stadt auskippen. Der Veranstalter verhängt wegen Unwetterwarnung am Nachmittag einen Einlass-Stopp: Tausende Fans müssen in die umliegenden Messehallen evakuiert werden, tropfnass und in der Ungewissheit, ob das Konzert überhaupt stattfindet.
Währenddessen sammelt sich auf dem Gelände das Wasser. Die Stimmung ist gedrückt bei denen, die sich durch den Matsch in Richtung Konzertgelände drängen. Gegen 18.30 Uhr erst die erleichternde Nachricht: Das Konzert wird stattfinden, der Einlass fortgeführt und die Evakuierten können die Messehallen verlassen. Trotzdem sind nicht alle guter Dinge, die noch auf dem Weg zum Konzertgelände sind.
Sorge vor dem Mega-Konzert: "Wir überlegen ob wir umdrehen und gehen"
"Wir überlegen ob wir wieder umdrehen und gehen", sagt eine Mutter, die ihre im Rollstuhl sitzende Tochter zum Gelände begleitet. "Ich finde es alles andere als sehr gut organisiert, dass ich meine Tochter hier über Kopfsteinpflaster schiebe. Wie die Wege hier sind und dass ständig Feuerwehr und Polizei fährt, find ich beängstigend. Stellen Sie sich mal vor, hier bricht irgendeine Panik aus." Sie ist eine der wenigen, die in der Menge einen Regenschirm schützend über sich und ihre Tochter hält – die sind laut Veranstalter auf dem Konzertgelände eigentlich verboten.
Noch eine letzte Biegung und das riesige Konzertgelände eröffnet sich den Tausenden, die endlich ihrem Ziel näher kommen: Helene Fischer sehen, hören und spüren. Wie im Film hört der Regen auf, 130.000 Köpfe werden in goldenes Sonnenlicht getaucht, über den Tribünen bildet sich zwischen den dunklen Wolken ein Regenbogen – und plötzlich ist der ganze Regen, der ganze Frust wie weggeblasen.
Florian Silbereisen überrascht bei Helene-Auftritt
Jetzt passiert das, was manche Fans gemunkelt haben: Florian Silbereisen kommt auf die Bühne. "Seid ihr schon alle atemlos?", ruft er den Zuschauern zu und begrüßt die Fans seiner Ex-Freundin mit seinem gewohnten Grinsegesicht. Die Menge antwortet mit einem lauten Grölen. Dann endlich der Countdown.
In großen Ziffern leuchten die Zahlen auf den Leinwänden, die Silbereisen laut mit herunterzählt: "Drei, zwei, eins". Laute Musik, ein Dröhnen, Feuerwerk – Helene ist da, die Menge tobt. Die 38-Jährige kommt im Fransen-Kleid über einem Glitzer-Body auf die Bühne und reckt ihr silbernes Mikrofon in die Höhe. "Ich bin nur für euch da!", ruft sie. Jetzt ist die Stimmung ganz oben. Helene beginnt mit dem Lied "Genau dieses Gefühl", fliegt am Seil über die Zuschauer und powert vier Songs durch.
- Von Netz-Kleid bis Casual: Das waren die Konzert-Outfits von Helene Fischer
Menschen tanzen im goldenen Sonnenlicht und umarmen sich. Helene singt "meine Liebe, die kennt nur 100 Prozent" und ein Paar schaut sich tief in die Augen und küsst sich, denn es weiß, was Helene meint. Die Schlager-Ikone vereint ihre Fans in der Botschaft, die sie immer wieder teilt: Seid gut zueinander, steht die harten Zeiten durch und am Ende kommen wir alle wieder zusammen und feiern, was wir geschafft haben.
Helene Fischer: Pflaster gegen die Lasten des Lebens
Und so ist es auch heute: Sobald Helene bei ihren Fans ist, ist der Ärger über die Organisation, das Wetter und die Unsicherheit, ob das Konzert überhaupt stattfindet, Geschichte. Helene und ihre Musik wirken auf sie wie ein Pflaster gegen die Lasten des Lebens.
Zwischen den Songs richtet sie sich immer wieder an ihr Publikum, spricht über Solidarität mit der Ukraine – als gebürtige Russin und deutscher Megastar eine Ansage von Bedeutung. "Wir haben alle einen auch für mich unerklärlichen Krieg, den wir leider erleben müssen", sagt sie. "Aber ich habe gespürt, wie groß die Solidarität ist und der Zusammenhalt. Und dass wir alle uns nur eines wünschen: Gerechtigkeit, Liebe und Frieden." Danach stimmt sie ihr Lied "Wann wachen wir auf" an.
Und obwohl Helene für viele so nahbar ist, wünschen sich einige Fans näher an ihr dran zu sein: Im hinteren Stehplatzbereich und auch auf den Tribünen ist die Sängerin wenn überhaupt als kleiner Punkt in der Ferne zu erkennen, nur die Bildschirme stellen sicher, dass sie auch wirklich vor Ort ist. "Es ist fast zu groß", sagt Florian Semet, einer der Männer in der hinteren Reihe.
100 Euro für hintere Plätze: "Hier erreicht sie die hinteren Reihen nicht"
"Ich war neulich mal bei einem Privatkonzert von Helene Fischer, sie hat bei unserer Firma vor 10.000 Leuten gesungen. Da hat sie jeden erreicht, hier erreicht sie die hinteren Reihen nicht", erzählt er. 100 Euro haben er und seine Freunde für das Konzert gezahlt – je näher der Stehbereich an der Bühne, desto teurer die Tickets.
Ihren Mega-Hit "Atemlos" hebt sich die Sängerin als letztes Lied auf. Auf den Tribünen stehen alle auf, auch die meisten im VIP-Bereich, wo die meisten das gesamte Konzert lang saßen. Alle singen mit, die Gruppe um Florian Semet liegt sich in den Armen, springt und alle schreien aus vollem Hals den Text mit. Die letzte Note des Songs ertönt und der Himmel über dem Gelände erleuchtet blau.
"Zugabe"-Rufe werden laut, Helene strahlt und hebt das Mikrofon: "Ich glaube ganz fest an ein Universum, in dem jeder seine Aufgabe hat", sagt sie. Sie spricht von Trauer und wie es ist, jemanden gehen zu lassen. Die Melodie von "Luftballon" ertönt und Helene singt die Zeilen. Tränen fließen, Augen werden mit Hemdärmeln getrocknet. "Es ist eine Achterbahn der Gefühle", sagt David Suljevic.
"Atemberaubend und atemlos": "Am Ende des Tages bleibt sie eine von uns"
"Du bist ganz hoch mit Powersongs und dann hat sie uns wieder runtergeholt", sagt er. "Da fühlst du schon mit als Helene-Fan." Ob Helene bei all der Perfektion noch nahbar sein kann? "Sie gibt so viel von sich Preis, sie ist echt Mensch geblieben", sagt er. "Und deswegen bist du so nah dran. Am Ende des Tages bleibt sie eine von uns. Und das ist genau das was wir fühlen und was wir ihr dann auch wiedergeben. Punkt, aus, Ende."
Die letzte Zugabe klingt aus und die Menge setzt sich wieder in Bewegung. Plastikponchos quellen aus den Mülltonnen und Fans waten durch tiefe Pfützen in Richtung Ausgang.
Zwei Schwestern mit Lichterketten um den Hals müssen sich erst einmal setzen. "Das Konzert war sehr, sehr schön. Atemberaubend und atemlos", sagt Diana Schmitchen. Sie schleift ihre Schwester zu den Konzerten und schaut auch jedes Jahr die Weihnachtsshow mit Helene Fischer.
Die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich. Wenn es jemand schafft, die Laune von 130.000 Menschen in wenigen Stunden komplett zu wenden, dann ist es wohl Helene.
- Beobachtungen und Gespräche vor Ort