Wegen Freundschaft mit Putin Weltberühmtem Dirigent droht der Rauswurf

Der Dirigent der Münchner Philharmoniker, Waleri Gergijew, gilt als Unterstützer Putins. Er solle sich klar gegen den Angriff Russlands auf die Ukraine stellen, verlangt Münchens Oberbürgermeister deshalb.
Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) droht dem Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker und Putin-Freund Waleri Gergijew mit Rauswurf. "Ich habe gegenüber Waleri Gergijew meine Haltung klargemacht und ihn aufgefordert, sich ebenfalls eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg zu distanzieren, den Putin gegen die Ukraine und nun insbesondere auch gegen unsere Partnerstadt Kiew führt", sagte Reiter laut Mitteilung vom Freitag in München. "Sollte sich Waleri Gergijew hier bis Montag nicht klar positioniert haben, kann er nicht länger Chefdirigent unserer Philharmoniker bleiben."
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Der 68 Jahre alte Gergijew ist seit 2015 Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, eines städtischen Orchesters. Die Freundschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bringt ihn immer wieder in die Kritik. Im Jahr 2014 unterschrieb er einen Künstler-Appell zur Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland und bekannte sich damit offiziell zur Politik Putins.
"Werde Vertragsverhältnis beenden müssen"
"Gemeinsam mit den Orchestervertretern der Münchner Philharmoniker erwarte ich von Ihnen als Chefdirigent des Orchesters jetzt ein deutliches Zeichen der Distanzierung von den völkerrechtswidrigen Angriffen gegen die Ukraine", schrieb Reiter an Gergijew.
"Und damit ein klares Signal an die Stadtspitze, die Öffentlichkeit, die Musikerinnen und Musiker der Münchner Philharmoniker und ihr Publikum bis Montag, 28. Februar. Anderenfalls werden wir das Vertragsverhältnis als Chefdirigent beenden müssen."
Festspielhaus Baden-Baden: Werden eine "rote Linie" ziehen
Auch das Festspielhaus Baden-Baden in Baden-Württemberg erwartet von Gergijew eine klare Stellungnahme gegen Putins Krieg in der Ukraine. Intendant Benedikt Stampa äußerte sich am Freitag schockiert über den Kriegsausbruch. Gergijew sei einer der zentralen kulturpolitischen Akteure Russlands. Man werde ihm natürlich Gelegenheit geben, sich zu äußern, so Stampa. Die zwei Konzerte Ende Juli und ein neues Festival "Russischer Winter" im Dezember mit Gergijew bleiben zunächst auf dem Programm.
Der Intendant des mit 2.500 Plätzen größten deutschen Opernhauses betonte die Bedeutung der russischen Kultur. "Es ist uns wichtig, dorthin weiter Brücken zu bauen." Bedacht werden müsse bei allem Entsetzen, dass in Russland kaum noch eine freie Meinungsäußerung möglich sei und sich Kritiker in Lebensgefahr brächten. "Dennoch werden wir die rote Linie, die derzeit um Waleri Gergijew als politische Person gezogen wird, mit tragen und solidarisch mit allen Demokratinnen und Demokraten im Sinne einer klaren Haltung agieren."
Das privat betriebene Festspielhaus Baden-Baden ist in einem doppelten Zwiespalt. Der 1998 eröffnete Musentempel war kurz nach der Eröffnung vor dem Aus gestanden. Erst durch eine Rettungsaktion von Stadt und Land war es in ruhiges Fahrwasser gekommen. Zu den Musikern, die dem Haus von Anfang an die Treue gehalten haben, gehört neben Star-Violinistin Anne-Sophie Mutter der Dirigent Gergijew.
- Nachrichtenagentur dpa