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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Verbot wird nicht kontrolliert Trend "Eisbachrunde": Harmloser Spaß oder tödliches Risiko?

Bei gutem Wetter ist sie Kult: die Eisbachrunde. Doch wer sich treiben lässt, riskiert sein Leben. Wird das Badeverbot nicht konsequent genug umgesetzt?
Sommer, Englischer Garten, Eisbach: In München gehören diese drei Dinge beinahe zwingend zusammen. Seit Jahren zählt der Park mitsamt Abkühlungsmöglichkeiten bei hohen Temperaturen zu den beliebtesten Orten der Stadt. Obendrauf ist der Bade-Hotspot für einen ganz speziellen Trend bekannt: die Eisbachrunde. Dabei lassen sich Jugendliche, Studentengruppen, Touristen und ganze Familien einmal quer durch alle Ecken und Windungen des Eisbaches treiben. Mit Schwimmnudeln, Reifen oder einfach so. Das Problem: Das Baden dort ist verboten, es besteht Lebensgefahr.
Und trotzdem: Der Trend bleibt. Die Verantwortlichen pochen auf das Badeverbot, mahnen zur Umsicht. Eine strikte Durchsetzung des Badeverbots bleibt allerdings seit Jahren aus. Und das, obwohl sich im Eisbach erst kürzlich ein tödlicher Unfall ereignete.
Kontrollen fehlen: Verbot wird missachtet
Laut der Parkanlagenverordnung der Bayerischen Schlösserverwaltung (BSV), die für den Englischen Garten zuständig ist, gilt das Badeverbot für alle Gewässer im Park. Entsprechende Schilder – mit Warnhinweisen in mehreren Sprachen und deutlichen Piktogrammen – sind entlang des Bachlaufs aufgestellt.
"Beim Schwimmen im Eisbach droht Lebensgefahr", heißt es aus der BSV auf Anfrage von t-online. Gründe dafür sind unter anderem die starke Strömung, mehrere Schwellen, Unterströmungen und eine gefährliche Wehranlage hinter der Tivolibrücke. Die Behörde verweist auf regelmäßige Kontrollen der Warnhinweise und das Aufstellen von Not-Ausstiegshilfen.
Wer regelmäßig im Englischen Garten verkehrt, weiß, dass die Realität anders aussieht: Im Sommer planschen tagtäglich Hunderte im Eisbach – Kontrollen: Fehlanzeige. Die Parkaufseher würden im Sommer laut Aussage der Verantwortlichen eher "nur punktuell hinsehen". Priorität hätten, so die BSV, "fremd- und gemeinschädliche Verhaltensweisen". Die Eigenverantwortung der Besucherinnen und Besucher stehe im Vordergrund.
Nach tödlichem Unfall: neue Aufmerksamkeit
Der Tod einer 33-jährigen Surferin Mitte April hat die Diskussion neu entfacht. Sie war bei der bekannten Welle am Haus der Kunst tödlich verunglückt. Seitdem ist das Surfen dort untersagt, die Stadt spricht von einem befristeten Verbot – die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen noch.
Während Teile der Surfszene ihrer Frustration mit Protestplakaten Luft machten, distanzierten sich andere Gruppen öffentlich. Die Welle bleibt gesperrt. Die Schwimmerinnen und Schwimmer weiter flussabwärts aber sind davon nicht betroffen – auch wenn das Risiko vergleichbar ist. Denn auch dort geht es durch eine reißende Strömung, vorbei an Betonrändern, Surfern und Schwellen.
Ein Fehltritt beim Einstieg, ein verpasster Ausstieg, ein zu tiefer Sprung – das reicht, um die Kontrolle zu verlieren. Immer wieder kommt es zu Unfällen, von denen viele glimpflich ausgehen. Doch die Warnungen verhallen – die Eisbachrunde bleibt in München Trendsport.
- Recherche der Redaktion
- Austausch mit der Bayerischen Schlösserverwaltung, 14. Juni 2025