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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Oktoberfest 2023 An diesem Wiesn-Stand kann noch mit D-Mark bezahlt werden

Das 188. Oktoberfest ist in vollem Gange. An einem der Stände auf der Festwiese kann nach wie vor mit D-Mark bezahlt werden – höhere Geldbeträge lassen sich tauschen.
Auf der Wiesn finden sich zahllose Kuriositäten und einzigartige Geschichten. Eine davon kann auch Stefan Krug vom Stand "Früchte Krug" erzählen. Seit 1975 betreibt seine Familie das Süßigkeiten-Geschäft auf dem Oktoberfest – im Jahr 2002 machten sich die Krugs durch einen kuriosen Zufall über alle Volksfestgrenzen hinaus einen Namen.
"Damals, Monate nach der Einführung des Euros, hatte ein Mann seinen Geldbeutel zu Hause vergessen. Alles, was er bei sich trug, war ein 50-Mark-Schein", erzählt Krug einer t-online-Reporterin vor Ort. Die Familie habe sich spontan dazu entschieden, die 50 Mark noch anzunehmen und ihm den Restbetrag in Euro auszuzahlen. "Die Geschichte hat sich in kürzester Zeit herumgesprochen, der Ansturm der Leute auf unseren Stand war plötzlich riesig." Eine Geschäftsidee war geboren.
Auch heute noch zahlen Menschen täglich mit D-Mark
Inzwischen ist der Stand auf der Wiesn zum Kultobjekt geworden. "Anfangs wurden wir von vielen Leuten für unsere Idee belächelt. Das ist lange vorbei", berichtet Inhaber Stefan Krug. Inzwischen gebe es sogar den einen oder anderen Trittbrettfahrer, der das D-Mark-Konzept an seinem Stand übernommen habe.
Auch wenn Kunden nur noch vereinzelt in D-Mark zahlen, wird das Angebot auch heute noch täglich in Anspruch genommen. "Bei uns können D-Mark gegen Schokolade und Vitamine getauscht werden. Das ist nach wie vor ein guter Deal", sagt Krug lachend. Die eingenommenen D-Mark-Bestände lässt die Familie jedes Jahr nach Ende des Oktoberfests zum Kurs von 1:2 in der Landeszentralbank eintauschen.
Stefan Krug: "Jede Mark hat hier eine eigene Geschichte"
In den bald 25 Jahren, in denen es das D-Mark-Konzept bei "Früchte-Krug" gibt, hätten die Betreiber zahllose lustige, aber auch traurige Lebensgeschichten erlebt. "Jede Mark hat hier eine eigene Geschichte, das ist wahnsinnig spannend", erzählt Krug.
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An den einen oder anderen Kunden erinnert sich der Gastronom besonders intensiv zurück: "Als wir mit unserem Stand in Hof an der Saale waren, kam uns im Laufe des Tages ein älterer Opi bestimmt vier- bis fünfmal besuchen, um 100-Mark-Scheine einzutauschen. Um nicht aufzufallen, hat er sich immer wieder umgezogen, kam mal im Anzug, mal im Hawaiihemd – und bestellte jedes Mal aufs Neue eine glasierte Banane, die er verschenkte. Als ich ihn schließlich darauf ansprach, fing er bitterlich an zu weinen."
Der betagte Mann hätte gerade den Tod seiner Frau verkraften müssen und die 100-Mark-Scheine beim Sortieren ihrer Sachen gefunden. Krug hatte Mitleid – und tauschte ihm das ganze Geld auf einmal um. "Solche Schicksale rühren einen schon an. Aber genau das macht unser Konzept auch so einzigartig – die Geschichte, hinter jeder einzelnen Mark."
- Report vor Ort