Seltene Genkombination Désirée aus München hat Blutkrebs: "Mir läuft die Zeit davon"

Désirée aus München ist eine Kämpfernatur. Seit der Diagnose Blutkrebs kämpft sie um ihr Leben. Dafür braucht sie dringend einen passenden Spender.
Kinder, Enkelkinder, Arbeit und Sport: Désirées Alltag war voller Termine. Im vergangenen Jahr ist die Münchnerin zusätzlich häufig zurück in ihre Heimatstadt Köln gefahren, um sich dort um ihre Mutter zu kümmern. Diese war wegen ihrer Demenzerkrankung auf ihre Tochter angewiesen. "Ich hatte Angst, auch an Demenz zu erkranken", erzählt sie. Also ließ sich Désirée testen und war erleichtert, dass sie keine genetische Veranlagung für die Krankheit in sich trug.
Im Sommer 2024 bemerkte die Münchnerin dann zum ersten Mal, dass mit ihrem Körper etwas nicht stimmte. Damals war sie mit ihren Kindern und Enkelkindern am Starnberger See. Sie wollte ihren Enkel aus dem Wasser heben, als plötzlich ihre Arme und Beine nachgaben. "Da hab ich gewusst: Das ist komisch", erinnert sie sich. Ihre Familie machte damals Scherze, riet ihr, mehr Sport zu treiben und wieder fitter zu werden.
Diagnose: Blutkrebs
Im Herbst wurde Désirée schließlich immer müder. Sie schob es auf ihr Alter und sagte sich: "Ich hatte auch ein anstrengendes Jahr". Im März dieses Jahres wurde es jedoch schlimmer. "Ich hatte Schmerzen – sowas hab ich noch nie gehabt." Die dreifache Mutter kam ins Krankenhaus. Dort hieß es nach ersten Untersuchungen, sie habe Gallensteine. Eine Erleichterung für Désirée. Doch dann änderte sich der Fokus: "Alle sprachen nur noch von meinem Blut, keiner redete mehr von der Galle."
Ihr wurde mehrfach Blut abgenommen, eine Magenspiegelung und auch ein Knochenmarktest durchgeführt. Am Abend bekam sie dann die Diagnose: eine Vorstufe von Leukämie, Myelodysplastisches Syndrom (MDS) genannt. "Das war wie ein Hammerschlag auf meinen Kopf", sagte Désirée.
"Ich habe schon mein Testament geschrieben"
Seit April bekommt sie nun alle vier Wochen Bluttransfusionen. Das "lebensspendende Blut", wie sie es nennt, lässt sie verhältnismäßig normal leben. "In der ersten Woche ist es immer gut. Dann wird es von Woche zu Woche schlechter und in Woche vier habe ich kaum Kraft." Kleinigkeiten wie Staubsaugen werden dann zur Mammutaufgabe. Sie weiß: "Ich muss meine Kräfte einteilen." Im Alltag unterstützen sie ihre Tochter und ihr Sohn, der allerdings in Frankfurt wohnt. Ihre zweite Tochter arbeitet in Brüssel, kommt aber trotzdem so oft sie kann.
Désirées älteste Tochter kam sogar als Spenderin infrage. Doch dann folgte die bittere Erkenntnis: Ihr Körper bildete Antikörper gegen das Blut ihrer Tochter. Désirée, die unter einer seltenen Genkombination leidet, sucht seitdem vergeblich nach einem passenden Spender. "Mir läuft die Zeit davon", sagte sie. Deshalb bereitet sie sich schon jetzt auf das vor, was ihr unweigerlich bevorsteht, wenn sie keinen Spender findet: den Tod. "Ich habe schon mein Testament geschrieben und meine Beerdigung geplant."
Über die DKMS
Die Deutsche Knochenmarkspenderdatei will Blutkrebspatienten weltweit eine zweite Chance auf Leben ermöglichen. Die DKMS hat weltweit seit ihrer Gründung 1991 mehr als 125.000 zweite Lebenschancen vermittelt. Derzeit sind bei der DKMS weltweit 13 Millionen Menschen registriert, in Deutschland davon rund acht Millionen. Nur ein Prozent aller Registrierten kommt durchschnittlich überhaupt jemals als Spender infrage. Für viele Patientinnen und Patienten ist eine Stammzelltransplantation die einzige Chance auf Überleben. Spendernachwuchs wird dringend gesucht: Alleine 2025 verliert die DKMS aus Altersgründen rund 150.000 Spender aus der Datei, Tendenz steigend.
DKMS sucht dringend einen Spender für Désirée
Ob sie noch Hoffnung hat? "Ich bin immer mehr Realist als Träumer gewesen", erklärt Désirée. Heute denke sie oft: Wäre es doch ein Tumor gewesen, den hätte man wenigstens herausnehmen können. "Stattdessen produziere ich weiter meinen Krebs vor mich hin." Und auch wenn Désirée auf den ersten Blick gefasst wirkt, sieht es hinter der Fassade anders aus. "Fein damit ist man nie. Ich will meine Kinder noch weiter begleiten, meine Enkel aufwachsen sehen, reisen. Ich hatte noch so viele Pläne."
Désirée weiß, dass sie nicht mehr viel Zeit hat. Die monatlichen Bluttransfusionen sind nur zur Überbrückung gedacht. Deshalb appelliert sie an alle, die bislang nicht bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registriert sind, sich zu melden. Vielleicht rette ihr Aufruf nicht sie selbst, dafür aber jemand anderen, sagt sie. "Eine Registrierung ist meine letzte Chance, meinen genetischen Zwilling zu finden."
- Interview mit Désirée am 17. September 2025