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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Oktoberfest Star-Gastronom Käfer vor Wiesn: "Dann ist der Maßpreis in Ordnung"
Vor dem Start des Oktoberfests spricht der Münchner Star-Gastronom Michael Käfer über eine Stadt im Umbruch, andere Essensgewohnheiten, das Lebensgefühl auf der Wiesn und den steigenden Maßpreis.
Nur wenige Menschen haben die Gastronomieszene in München so stark geprägt, wie die Käfer-Familie. Mit der Eröffnung ihres Luxusrestaurants an der Prinzregentenstraße, der Diskothek "P1" und dem Oktoberfest-Zelt, drückten sie in den 70er-Jahren dem Nachtleben in der bayerischen Landeshauptstadt ihren eigenen Stempel auf. Schnell fand auch die Schickeria dort im Ruhm und Glanz ihr Zuhause.
Manche Übriggebliebene aus der Schickimicki-Gesellschaft feiern auf dem Oktoberfest, dem größten Volksfest der Welt, in der Käfer Wiesn-Schänke noch heute. Genauso wie rund 1.000 andere Prominente, die auf der V.I.P.-Liste stehen, darunter die Schauspielikone und Kaliforniens Ex-Gouverneur Arnold Schwarzenegger, der Moderator Thomas Gottschalk und Apple-CEO Tim Cook. Wenn es der Spielplan des FC Bayern zulässt, lassen sich auch die Stars vom deutschen Rekordmeister einen Ausflug ins Käferzelt nicht nehmen.
Doch in diesem Jahr ist alles anders. Der Betrieb in der Käfer Wiesn-Schänke startet einen Tag vor dem Wiesn-Anstich, ganz ohne die Promis. Denn die Käferfamilie feiert ihr 50-jähriges Jubiläum auf dem Oktoberfest und will sich bei rund 800 eingeladenen Senioren bedanken – mit einem besonderen Gourmetessen. t-online hat kurz vor diesem besonderen Tag mit Michael Käfer, dem Chef des Familienunternehmens, gesprochen.
t-online: Wie hat sich die Marke Käfer von den Anfängen bis heute entwickelt?
Michael Käfer: Der Ursprung geht auf das Jahr 1930 mit dem Käfer-Lebensmittelladen zurück. Der Bekanntheitsgrad steigerte sich vor allem in den 50er- und 60er-Jahren, weil genau da das Wirtschaftswunder war. München war damals ein Symbol der Lebensfreude. Wir haben da gut mitspielen können, weil wir die einzigen waren, die den Eventbereich und Partyservice bedienten. Jetzt stehen wir für hochwertige Lebensmittel und sind in der Gastronomieszene international eine der bekanntesten Marken.
Sie haben maßgeblich zum Erfolg des Unternehmens beigetragen. Gab es Momente, in denen Sie gezweifelt haben?
Es sind nach wie vor immer Zweifel da, denn man muss immer neue Kunden hinzugewinnen. Das berühmte üppige Buffet von früher, da darf heute nicht mehr so viel Ware drauf sein, weil man sonst zu viel wegwerfen muss. Allein das Kochenkönnen reicht heute auch nicht mehr, heute kochen alle gut. Leute haben auf dem Oktoberfest schon immer Hendl gegessen, aber die Details, zum Beispiel bei der Präsentation des Essens, werden immer wichtiger.
Wie kam die Idee zum verfrühten Wiesn-Start mit dem Nachmittag für Senioren?
Mit dem 50-jährigen Oktoberfest-Jubiläum wollten wir etwas Besonders machen – mit dem Seniorennachmittag der Käfer Stiftung. Es war eine Geste, ältere Menschen einzuladen, die München und das Oktoberfest früher mitaufgebaut haben. Da wollten wir Dankeschön sagen. Das wurde positiv von der Stadt aufgenommen, denn eigentlich dürfen vor der Wiesn keine Gäste auf dem Gelände sein. Das passt auch gut zum Münchner Motto "Leben und leben lassen" und zur "Weltstadt mit Herz".
Was ist für Sie das Besondere an der Wiesn?
Die Menschen sind einfach glücklich, wenn sie einen schönen Nachmittag oder Abend haben. Es ist besonders, dass die Vorfreude auf das Oktoberfest schon beim Anziehen der Tracht steigt. Die Tracht ist sensationell, man nimmt sich dafür die Zeit und jeder fühlt sich dann gut. Ich liebe den blauweißen bayerischen Himmel und wenn es nach Hendl riecht. Ich bin auch schon seit über 40 Jahren auf dem Oktoberfest – schon als Schüler und Student. Es ist wunderbar, wenn man erzählen kann, ein Teil des Oktoberfestes zu sein.
Sie dürfen eine Sache am Konstrukt "Oktoberfest" verändern. Was kommt Ihnen als Erstes in den Sinn?
Das Oktoberfest ist schon ein Gesamtkunstwerk. Es ist wichtig, dass die Stadt darauf achtet, dass es traditionell bleibt. Ich bin der Stadt sogar dankbar, dass sie zum Beispiel keine Modeschauen erlauben.
Wie schätzen Sie die Entwicklung der Wiesn in den letzten 30 Jahren ein, auch mit Blick auf den Maßpreis?
Da kann ich als Wiesn-Wirt nur diplomatisch antworten. Der Preis ist auch aus dem Grunde so hoch, weil ein Irrsinnsaufwand dahintersteckt, ein Haus oder Zelt für so eine kurze Zeit zu bauen. Wenn man bedenkt, dass man eine Stunde vor seiner Maß sitzen kann, dann ist der Preis auch in Ordnung. Es ist aber auch ein Volksfest und davon lebt es auch, es muss bezahlbar sein. Wenn man dann da ist, ist die Wiesn wie eine mittlere Großstadt.
Wenn man bedenkt, dass man eine Stunde vor seiner Maß sitzen kann, dann ist der Preis auch in Ordnung.
Michael Käfer
Welcher Gast, der Ihnen im Laufe der Jahre in der Wiesn-Schänke begegnet ist, ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben?
Vor Corona hatten wir das große Glück, dass die Familie Clinton da war. Da durfte ich ein paar Minuten mit Bill Clinton reden und er hat mir das Gefühl gegeben, dass ich ihm wichtig bin. Zwei bis drei Minuten, reiner Smalltalk, aber das ist mir ganz fest in Erinnerung geblieben.
Mit Hunger und Durst geht es für Sie auf die Wiesn. Was wird bestellt?
Als Erstes ein gescheites Hendl, das ist wie Weihnachten, da freue ich mich drauf. Viel Zeit bleibt allerdings nicht: Ein guter Unternehmer ist permanent bei den Gästen. Wir genießen, dass es unsere Gäste genießen.
Auf welchem Fahrgeschäft trifft man Sie am ehesten?
Im Riesenrad. Danach werde ich mit meinen Kindern Achterbahn fahren. Das ist inzwischen zu einem Ritual geworden.
Wie viele Lederhosen besitzen Sie eigentlich?
Tatsächlich keine Lederhosen, aber 20 Trachtenjacken. In der Lederhosen fühle ich mich nicht wohl.
Wenn es München nicht gäbe: In welcher Stadt würden Sie leben?
Ich war unendlich begeistert von New York. Das wäre eine Stadt, wo ich gerne leben würde. Münchens ähnlichste Stadt in Deutschland ist Hamburg, auch wenn die Mentalität dort anders ist. Leute, die laut sind, wie in der Schickeria, gibt es da auch.
Fehlt Ihnen das Münchner Schickeria-Flair von damals?
Generell ist es so, dass Menschen die Vergangenheit gerne glorifizieren. Heute sind wir eine wichtige Wirtschaftsstadt mit Dax-Unternehmen. Die Musikszene und die Kunstszene sind allerdings nach Berlin abgewandert. München ist mir fast zu schön. Es gibt auch keine verrückten Schauspieler mehr. Es ist alles sehr schön, aber die Stadt ist nicht mehr so wie früher.
München ist mir fast zu schön.
Michael Käfer
Blicken wir auf die kommenden zehn Jahre. Wo soll es für das Unternehmen hingehen? Und wohin für Sie persönlich?
Ich muss das Unternehmen gut in weitere Hände bringen. Meine Kinder sind erst 12 Jahre alt. Es muss ein Familienunternehmen bleiben. Wichtig ist es, die Philosophie weiterzutragen. Mein Beruf macht mich sehr glücklich – ich will noch länger weitermachen. 2030 werden wir 100 Jahre alt.
Herr Käfer, vielen Dank für das Gespräch.
- Gespräch mit Michael Käfer
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